Gebäudeautomation zukunftssicher gestalten

Digitalisierung und Konnektivität sind richtungsweisende Entwicklungen des 21. Jahrhunderts – mit enormem Einfluss auf die Gebäudebranche. Automatisierte Gebäudetechnik, bei der einzelne Sensoren und Aktoren vernetzt sind, miteinander kommunizieren und über Controller gesteuert werden, gehört dabei längst zum Standard moderner Gebäude. Doch wie viel smarte Automation braucht ein Gebäude wirklich und wie lässt sich die zunehmende Technik in Gebäuden sinnvoll und zukunftsfähig managen?

Die Gebäudetechnik unterliegt einer sich wandelnden, zunehmend digitalen Welt, die in den letzten Jahrzehnten immer wieder neue Entwicklungen vorangetrieben hat, insbesondere die Gebäudeautomation. Dabei nimmt vor allem die Kommunikation in und zwischen Gebäuden zu und wird übergreifender. Früher hatten einzelne Anlagen wie die Heizung oder die Beleuchtung eigenständige Regler; heute werden diese auf eine gemeinsame Datenbasis gehoben und die erfassten Daten zusammen dargestellt. Die Betrachtung erfolgt integral: Statt mit proprietären Insellösungen arbeiten Gebäude heute mit offenen, vernetzten Systemen. Hierfür haben sich auf der Feld- und Automationsebene IP-basierte Steuerungsgeräte, Sensoren und Schaltsysteme, die über Feldbus und Ethernet auf ein Netzwerk gebracht werden, sowie herstellerunabhängige Protokolle, wie beispielsweise BACnet, fest etabliert.

Ein Anbieter, der die Verfügbarkeit von Netzwerken über IP-Layer von Gebäudekomponenten seit Anfang an konsequent verfolgt, ist der Mindener Komponenten- und Systemanbieter Wago. „Wenn man sich die Gebäudeautomation der letzten 20 Jahre anschaut, haben wir uns schon immer in einem Bereich bewegt, den man heute so gerne als Internet of Things bezeichnet,” fasst Daniel Wehmeier, Head of Market Management Building bei Wago, zusammen. „Wir waren schon immer eine Branche, die viele Sensoren und Aktoren im Feld in den Fingern hatte und diese erfasst und gesteuert hat.”

Dass die Branche den potentiellen Mehrwert der dabei entstehenden Datenpools längst erkannt hat, zeigen die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Management- und Bedienebene. Managementsysteme greifen dabei auf die Datenbasis zu und nutzen sie für übergeordnete Gebäudebeobachtungen, wie beispielsweise Analysen und Optimierungen. Während Managementsysteme generell nichts Neues sind, zeigt sich auch hier die fortschreitende Digitalisierung und der Trend zur Konnektivität: Neben lokal installierten On-Premise-Systemen entdecken Hersteller und Gebäudebetreiber zunehmend Möglichkeiten, die Cloud-basierte Managementsysteme bieten. Dabei gilt: Je automatisierter ein Gebäude ist, desto mehr Daten stehen zur Auswertung und Optimierung zur Verfügung und desto sinnvoller ist es, verschiedene Managementlösungen in Betracht zu ziehen. Die erste Frage, die sich Gebäudebetreiber daher stellen müssen, ist: Wie smart soll mein Gebäude eigentlich sein?

Wie smart muss ein Gebäude heute sein?

Was heute ein sinnvoller Grad an Automatisierung in Gebäuden ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt nicht den einen Standard, den Gebäude haben sollten. Vielmehr hängt der Automatisierungsgrad von den individuellen Wünschen und Anforderungen des Nutzers ab. Bei Gebäuden mit besonders flexibler Nutzung, wie beispielsweise Büromietflächen, macht eine höhere technische Ausstattung Sinn.

Dabei hat sich mit den Chancen, die die Gebäudeautomation bietet, ein wichtiger Innovationstreiber herausgestellt: Effizienz. Gebäudeautomation trägt entscheidend zu einem wirtschaftlich und ökologisch effizienten Gebäudebetrieb bei. Das wurde auch in für die Gebäudebranche wichtigen Vorgaben, wie dem zuletzt im November 2020 in Kraft getretenen Gebäudeenergiegesetz (GEG), festgehalten. Das GEG stellt energetische Anforderungen an neue und bestehende Gebäude und setzt damit eine Mindestintelligenz in Gebäuden voraus. Darüber hinaus ist heute von Raumautomation bis zu ersten Ansätzen künstlicher Intelligenz in Form selbst lernender Systeme technisch schon viel möglich. Aber: „Nicht alles, was technisch möglich ist, ist am Ende auch immer sinnvoll,” so Wehmeier. „Gebäude sollten nicht wahllos überautomatisiert sein. Am Ende muss die Automation immer einen Mehrwert für den Nutzer oder den Betreiber bieten.”

Die große Herausforderung ist dabei, dass schwer absehbar ist, wie sich der Gebäudemarkt oder auch Direktiven wie das GEG entwickeln. Hinzu kommt die rasante technische Entwicklung. Was heute noch keinen Mehrwert für den Nutzer bietet, kann morgen schon ganz anders aussehen. Gleichzeitig spielt begrenztes Budget bei Gebäudeprojekten häufig eine Rolle. Es macht also aus unterschiedlichen Gründen Sinn, Gebäude nicht direkt mit einem geschlossenen, umfassenden Automations- oder Managementsystem auszurüsten, sondern „step-by-step” nach den jeweiligen Bedürfnissen auszustatten. Wichtig ist dabei, dass Gebäude von Anfang an auf spätere Nachrüstungen und neue Anforderungen vorbereitet sind und die Möglichkeit haben, ihre Technik entsprechend zu erweitern. Diese Bereitschaft lässt sich über den sogenannten Smart Readiness Indicator gut abbilden.

Zukunftsfähig aufgestellt: Der Smart Readiness Indicator

Der Smart Readiness Indicator (SRI) wurde erstmals mit der EU-Gebäuderichtlinie 2018 (EPBD) aufgeführt. Ermittelt aus unterschiedlichen Kriterien, stellt der SRI einen Wert dar, wie gut ein Gebäude auf zukünftige Anforderungen, beispielsweise in Bezug auf erneuerbare Energienetze und Bedürfnisse der Nutzer, vorbereitet ist. Ziel des SRI ist es, Möglichkeiten zur Verbesserung der „Smart Readiness” zu skizzieren und diese anhand einer Skala darzustellen. Damit können Gebäudebetreiber sowohl bei der Planung eines Neubaus als auch bei Migrationsprojekten abwägen, welcher Standard an Gebäudeautomation für sie sinnvoll ist. „Am Ende muss alles, was ich in ein Gebäude einbaue, das Potential haben, zu einem Großen und Ganzen beizutragen”, so Wehmeier. „Wir haben in unserer Technik heute viele Skalierungsmöglichkeiten, sodass wir uns perfekt auf den sinnvollen und gewünschten Smart Readiness Faktor einstellen können.”

Die wohl wichtigste Rolle spielen dabei offene Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle, die herstellerunabhängig funktionieren und auch zukünftig flexibel erweiterbar sind. Das lässt nicht nur Spielraum für Techniken und Systeme, die wir heute noch nicht kennen, sondern gibt auch die Möglichkeit, die Gebäudeautomation nach den eigenen Bedürfnissen, finanziellen Mitteln und Wünschen aufzustellen und jederzeit zu erweitern. Während sich diese Flexibilität in Form von offenen und interoperablen Systemen in der Steuerungs- und Regelungstechnik berechtigterweise zunehmend durchsetzt, gibt es bei der Flexibilität der Managementsysteme noch Aufholbedarf.

Gebäudemanagement der Zukunft – Alles Cloud, oder was?!

Managementsysteme übernehmen in der Gebäudeautomation Funktionen wie das übergeordnete Bedienen der Gesamtheit einer Anlage, das Aufstellen von Vergleichen und das Alarmhandling bei Störungen. Hier werden Daten aus der Gebäudeautomation gesammelt und zur Verfügung gestellt. Damit geben Managementsysteme eine Übersicht über den gesamten Gebäudebetrieb und unterstützen so die Steigerung der Energieeffizienz. Der Status Quo sind Managementsysteme, die lokal installiert sind. Die Frage ist, wie sieht das Managementsystem der Zukunft aus? Was muss es können und welche Anforderungen muss es erfüllen?

Das sind Fragen, die Wago mit dem Blick auf die Gebäude der Zukunft beschäftigen. Dass es auch hierbei kein „Richtig” und „Falsch” gibt, sondern vom Gebäudetyp und Nutzungsverhalten abhängt, liegt auf der Hand. Managementsysteme lassen sich über drei Wege darstellen: Als lokal installierte On-Premise-Lösung, als On-Premise-Lösung mit Cloud-Option, beispielsweise über Edge Devices, oder als komplette Cloud-Version. „Es gibt für jedes System seine Berechtigung und unterschiedliche Gründe. Wir sehen aber, dass wir mit der Cloud einige Herausforderungen meistern können, die mit den anderen Systemen nur schwer zu lösen sind,” so Wehmeier. „Insbesondere wenn wir über verteilte Liegenschaften sprechen.”

Für das Cloud-System spricht vor allem die Zukunftssicherheit. Systeme komplett von außen abzuschotten, ist heute nicht mehr zeitgemäß. Systeme sind aktiv und müssen kommunizieren. Die Anwendungen wie auch die Anforderungen an Gebäude ändern sich. Das erfordert Flexibilität, die ein Gebäude und entsprechend auch ein Managementsystem heute liefern müssen. Bei On-Premise-Systemen ist der Gebäudebetreiber selbst gefragt, sein System zu pflegen und aktuell zu halten, was mit Personalaufwand und eigenen IT-Infrastrukturen verbunden ist. Mit der Verwendung von Cloud-Systemen werden Themen wie Sicherheit, Aktualität, Ausfallsicherheit der Hardware, generelle Pflege der Systeme sowie ein verlässliches Back-up-Management an den Cloud-Betreiber abgegeben. Der Betreiber eines Gebäudes kann sich so ganz auf sein Kerngeschäft konzentrieren und sein Gebäude bequem, ohne administrative Systemarbeiten, über eine Webvisualisierung von überall managen. Gerade kleinere und mittlere Gebäude profitieren von der Auslagerung dieser Administrationsaufgaben.

Ein Beispiel: Eine Universitätsklinik hat sicher rund um die Uhr ein Facility Management Team, das den Betrieb überwacht und sicher auch ein IT-System oder einen IT-Betreiber, der 24 Stunden zur Verfügung steht. Eine Gesamtschule dagegen eher nicht – hier punktet die Cloud mit ihren Vorteilen, wie der verlässlichen Wartung. Noch deutlicher zeigt sich der Mehrwert bei kleineren Gebäuden mit verteilten Liegenschaften. Lokal installierte Systeme kommen hier allein aufgrund räumlicher Einschränkungen schnell an ihre Grenzen. Um die Daten einzelner Liegenschaften zentral zu sammeln, müsste mühevoll ein eigenes übergreifendes Netzwerk aufgebaut werden. Hier bietet es sich an, die unterschiedlichen Liegenschaften in der Cloud zusammenzufassen. Die lokale Bedienung bleibt dabei natürlich in ihrer vollen Funktionalität bestehen.

Flexibilität auch im Gebäudemanagement gefragt

Realisiert hat das Team des Mindener Komponenten- und Systemanbieters ihre Vision eines einfachen, zukunftsfähigen Gebäudemanagements in der Cloud „Building Operation and Control”. Ziel bei der Verwirklichung war es, eine Lösung für den operativen Bediener zu schaffen, die so umfassend wie nötig und gleichzeitig so schlank wie möglich ist. Sie ist damit kein „vollständiges” Building Management System, gibt dem Anwender aber den Baustein, vom Sensor über die Steuergeräte bis hin zum System alles aus einer Hand zu bekommen.

„Für uns ist die ‚Building Operation and Control‘-Cloud-Anwendung das letzte Puzzleteil zu einer ganzheitlichen, gebäudespezifischen Systemlösung, vom Controller bis hin zur Software”, so Wehmeier. Alle für ein Gebäude relevanten Informationen, wie beispielsweise Energiedaten, können über die Bedienebene der Cloud verarbeitet und in Berichten zusammengefasst werden. Das System ist zwar weniger grafisch orientiert, die „reduzierte” Bedien- und Control-Oberfläche der Wago-Cloud „Building Operation and Control” erfüllt aber trotzdem die Anforderungen für BAFA gelistete Energiemanagementsoftware und ist damit förderfähig und voll bezuschussbar.

Bei der Entwicklung der Cloud „Building Operation and Control” hat das Unternehmen an seinem seit Jahrzehnten verfolgten Grundsatz der offenen Automatisierung festgehalten und das System mit einer REST API-Progammierschnittstelle ausgestattet. Die Offenheit der Cloud ermöglicht es, auch technische Errungenschaften der Zukunft in das System einzubinden. Mit der REST API ergibt sich außerdem ein weiterer entscheidender Vorteil gegenüber On-Premise-Systemen: Bei Bedarf sind koexistente Systeme in der Cloud-Lösung möglich. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn ein Gebäude bereits mit einem Energiemanagement arbeitet, seine Management- und Bedienebene aber in die Cloud verlegen will. Dann kann über die Cloud „Building Operation and Control” und die REST API das Energiemanagement eingebunden werden.

„Idealerweise sieht es dann so aus: Ich gestalte die Gebäudeautomation so, wie ich sie gerade brauche und für sinnvoll halte. Die Daten konzentriere ich in der Cloud und darüber hinaus habe ich über die REST API die Möglichkeit, Fremdsysteme einzubinden, wie beispielsweise Energiemanagementsysteme, Workplace-Apps oder Ähnliches”, so Wehmeier. „Das ermöglicht den zum jetzigen Zeitpunkt optimalen Betrieb, lässt mir aber auch die Tür für spätere Erweiterungen offen. Denn wir wissen nicht, wie die zukünftigen Anforderungen aussehen. Wir befinden uns in einer hochdynamischen Zeit und können nur die Zeichen sehen und so gut wie möglich vorbereitet sein.”

Weiterführende Informationen: https://www.wago.com/de/

Dienstag, 14.09.2021