Höher, schneller, weiter… und besser – durch Kooperation auf Augenhöhe

Das Planungsprojekt, das die erstmalige Zertifizierung sämtlicher Planungsschritte aller beteiligten Unternehmen nach ISO 9001 erhielt.

Unterstützt von den Partnerunternehmen Ingenieurteam Trebes und SG-Haustechnik hat das Hamburger Architekturbüro CORE architecture BIM-Lösungen aus den Bereichen Architektur, Statik und Technische Gebäudeausrüstung (TGA) im Rahmen einer Generalplanung ineinandergreifend eingesetzt. Der dabei entstandene, durchgängige und interaktive Planungsablauf wurde nach der Norm ISO 9001 ("Qualitätsmanagementsysteme") durchgeführt, dokumentiert und zertifiziert.

Das angestrebte Ziel, durch integrale Planungsprozesse Bauprojekte ressourceneffizienter, wirtschaftlicher und nachhaltiger zu gestalten, ist wieder ein Stück näher gerückt. Kamen BIM-Anwendungen in der Vergangenheit noch häufig als "Insellösungen" zum Einsatz, wächst heute der Wunsch aller an einem Bauprojekt beteiligten Unternehmen, baurelevante Daten und Informationen nicht nur während der gesamten Bauphase, sondern auch darüber hinaus zu nutzen und kontinuierlich zu teilen. Voraussetzung dafür ist die Migration unterschiedlicher Bausoftware-Anwendungen auf einer einheitlichen Plattform.

Zentraler Kern der BIM-Methode sind die digitalen Teilmodelle, die von den am Planungsprozess beteiligten Planern erstellt werden. Diese sogenannten Fachmodelle entstehen während der Projektbearbeitung, sei es für einen Neu-bau oder für eine Projektarbeit im Bestand, und werden im Planungsverlauf und in Abhängigkeit der Verwendung in ihrem Detaillierungsgrad immer komplexer. Im konkreten Fall bestand die Herausforderung für den Generalplaner CORE architecture darin, die zur Darstellung eigener Architekturmodelle genutzte Konstruktionssoftware mit der vom Ingenieurteam Trebes für statische Berechnungen eingesetzte Trimble-"Tekla"-Software und der von SG-Haustechnik für die TGA genutzte CAD-Software "Trimble Nova" zu "verschmelzen".

Einige Hindernisse überwunden

Zugute kam den Verantwortlichen, dass alle genannten BIM-Applikationen den von buildingSMART International entwickelten IFC-Standard (IFC = Industry Foundation Classes) unterstützen. Dabei handelt es sich um einen offenen Standard im Bauwesen zur digitalen Beschreibung von Gebäudemodellen. Abgebildet werden sowohl die logischen Gebäudestrukturen als auch zugehörige Eigenschaften sowie optionale Geometrie. Komplexe 3D-Planungsdaten mit den Bauelementen und beschreibenden Attributen lassen sich damit zwischen unterschiedlichen Bausoftware-Systemen übertragen. Der Datenaustausch zwischen den beteiligten Unternehmen erfolgte über eine IFC-kompatible Arbeitsplattform, auf die die Modelldaten aus allen eingesetzten Softwareapplikationen übertragen und anschließend aggregiert wurden. Das daraus resultierende komplette 3D-Gebäudemodell konnte so von Architekten, Fachplanern, Kostenplanern und Betreibern durchleuchtet und mögliche Unstimmigkeiten und Regelverletzungen im Modell während eines frühen Planungsstadiums aufgespürt und korrigiert werden.

Was das beschriebene Planungsprojekt in seiner Form einzigartig macht, ist die erstmalige Zertifizierung sämtlicher Planungsschritte aller beteiligten Partnerunternehmen nach dem Qualitätsmanagement- Standard ISO 9001. Bis-lang waren große Teile der BIM-Arbeitswelt weitgehend unreglementiert: "Unser Grundgedanke war es, verbindliche Reglementierungen zu erarbeiten, die die Arbeitsprozesse der bei der Bauausführung beteiligten Architekten, Statiker und Gebäudeausrüster detailliert erfassen und dokumentieren. Durch eine durchdachte, gesamtheitliche Gebäudeplanung sollte nicht nur die Arbeitsabwicklung beschleunigt, sondern auch Kostensicherheit für den Bauherren gewährleistet werden", erklärt Sven Graßnick, Geschäftsführer des Planungs- und Sachverständigenbüros SG-Haustechnik.

Im Rahmen einer 2,5-jährigen Vorbereitungs- und Planungsphase entwickelten gemeinsame Arbeitsgruppen der beteiligten Unternehmen verbindliche Regularien, beispielsweise für die Definition von Prozessen oder die Übergabe von BIM-Modellen. Durchgeführt wurde die Zertifizierung nach ISO 9001 durch die Zertifizierung Bau GmbH, Berlin. Angesichts fehlender Referenzprojekte betrat die bundesweit tätige Zertifizierungsstelle für die Bauwirtschaft – genau wie die Initiatoren – hiermit komplettes Neuland. Nach erfolgreicher Auditierung durch die Zertifizierung Bau GmbH erhielten die Unternehmen im Mai 2018 die Zertifizierungsurkunden. In ihnen wird das Architekturbüro CORE architecture als Hauptzertifizierungsnehmer, die Unternehmen Trebes und SG-Haustechnik als Nebenzertifizierungsnehmer ausgewiesen.

Kulturwandel eingeleitet

"Unserer Erfahrung nach erfordert die BIM-Methode eine Kultur der engen Zusammenarbeit sämtlicher Planungsbeteiligten. Sie wird durch abgestimmte Prozesse unter den Akteuren maßgeblich unterstützt und durch die Einhaltung der ISO 9001 auf ein hohes Niveau gebracht", betont Dipl.-Ing. Wigand Grawe, geschäftsführender Gesellschafter beim Ingenieurteam Trebes.

"Damit haben wir den ersten Schritt eines standardisierten Planungsablaufes in BIM-Projekten gemacht. Dabei geht es nicht, wie manchmal fälschlicherweise angenommen, um die Zertifizierung von zum Beispiel BIM-Austauschszenarien, sondern um die Sicherstellung der Abläufe und Kernprozesse innerhalb eines Projektes unter der Verwendung der BIM-Methodik", unterstreicht CORE architecture Geschäftsführer Lars Kölln.

Sven Graßnick ist sich sicher, dass der Baubranche mit der ISO-Zertifizierung von BIM-Prozessen ein Paradigmenwechsel bevorsteht. Wenn es um die Definition und den Ablauf von Prozessen ging, orientierte sich die Branche bislang eng an der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Sie basiert von der Vorplanung bis zur Ausführungsplanung auf einer anwachsenden Struktur von Daten, die letztendlich in eine endgültige Planung mündet. Parallel dazu ändern sich die Kostenverhältnisse und man erzielt erst am Ende der Planung eine hohe Kostensicherheit. "In der BIM-Planung ist es umgekehrt. Da bereits in der Anfangsphase alle Vorgaben und Rahmenbedingungen detailliert erfasst und dargestellt werden, entsteht hier ein hoher Arbeitsaufwand. Daraus resultiert jedoch eine von Bauherren geschätzte frühe Planungs- und Kostensicherheit", so Graßnick. Ein Wandel, der nach seiner Einschätzung in vielen Unternehmen neue Organisationsstrukturen und ein Umdenken der Mitarbeiter erfordert, angesichts der enormen Perspektiven der BIM-Methodik aber alternativlos ist.

Neue Perspektiven gewonnen

"Wir stehen vor einem Zeitenwandel. So wie heute niemand mehr technische Zeichnungen am Reißbrett, sondern am PC erstellt, wird in Zukunft niemand auf BIM verzichten. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass die Anforderungen der Bauherren, auch im Bereich der öffentlichen Hand, steigen. Immer mehr Auftraggeber möchten die Intelligenz, die in BIM-Planungsmodellen steckt, als Mehrwert – beispielsweise für ein späteres Facility Management (FM) – nutzen. Große, weltweit agierende Bauunternehmen arbeiten bereits heute nahezu ausschließlich in der BIM-Welt und profitieren von der erhöhten Kalkulationssicherheit", ergänzt Graßnick, welcher mit seinem Unternehmen (schon) im Jahre 2011 in die "BIM-Welt" eingestiegen ist, und appelliert an die Baubranche: "Generell, so denke ich, müssen wir uns von den traditionellen, »statischen« Arbeitsweisen verabschieden und »dynamische« Prozesse entwickeln, in denen alle Beteiligten interaktiv miteinander kommunizieren!"

Dass BIM-Konzepte die Art und Weise, wie Gebäude zukünftig erstellt und bewirtschaftet werden, revolutionieren, ist heute unumstritten. Obwohl mit aktuellen Methoden zur digitalen Gebäudemodellierung bereits beeindruckende Resultate erzielt werden können, sieht Sven Graßnick von SG-Haustechnik die Technologie erst am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung: "Meiner Ansicht nach steht BIM trotz aller Erfolge erst am Anfang und bietet vielfältige Perspektiven und Ausbauoptionen. Eine aufeinander abgestimmte internationale Normung für BIM-Software ist wünschenswert. Geschwindigkeit ist immer ein wichtiger Aspekt, genau wie der Einsatz künstlicher Intelligenz oder eine Erhöhung des Automatisierungsgrads. Aber auch die Weiterentwicklung von Werkzeugen, die 3D-Darstellungen direkt auf der Baustelle ermöglichen, ist sicher ein wichtiger Zukunftsfaktor."

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"Die drei C’s" führen zum (Projekt-)Erfolg

Building Information Modeling (BIM) revolutioniert die Baubranche. Immer mehr Unternehmen erkennen und nutzen den Mehrwert, den 3D-Modelle und digitale Baudaten bieten, um Projekte ganzheitlich und wirtschaftlich zu gestalten. Der Software- und Hardwarehersteller Trimble hat einen Ansatz entwickelt, mit dem Unternehmen das volle Potential von BIM ausschöpfen können, vom ersten Entwurf bis auf die Baustelle und darüber hinaus: den "Trimble Constructible Prozess" ("Constructible" = ausführungsreif). Die Redaktion Integrale Planung hat auch darüber mit Roz Buick, Ph.D., Senior Vice President bei Trimble Inc., gesprochen.

Sehr geehrte Frau Dr. Buick, im US-amerikanischen Trimble-Konzern zeichnen Sie verantwortlich für den Geschäftsbereich "Buildings", welcher unter anderem die Divisionen Gebäude, Architektur, Bau und TGA bzw. MEP ("MEP" = "Mechanical, Electrical, Plumbing") umfasst. Eine Frage zum Einstieg: Was macht für Sie persönlich ein "nachhaltiges Gebäude" aus?

Heutige, moderne Gebäude müssen aus meiner Sicht in erster Linie funktional sein – funktional vor allem hinsichtlich ihrer energetischen Performanz. Denn dahinter steht doch das Ziel, sogenannte "net-zero energy buildings" (also: Nullenergiegebäude bzw. Nahezu-Nullenergiegebäude) zu bauen. Solche Gebäude müssen demnach über eine hoch-dynamische TGA sowie Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Sanitärtechnik verfügen, die zudem vernetzt sind. Stichwort: "Smart Buildings". Des Weiteren muss ein "nachhaltiges Gebäude" für jeden erschwinglich und wirtschaftlich zu betreiben sein – dies ist ein äußerst wichtiges Gebot, welches im globalen Bevölkerungswachstum und dem Mega-Trend Urbanisierung begründet ist.

Sie leben und arbeiten in den USA und gehören schon seit 23 Jahren zur "Trimble-Familie". Wie lauten denn Ihres Erachtens die größten strukturellen Unterschiede zwischen Nordamerika und Europa, wenn es darum geht, ein Gebäude zu planen und zu errichten? Und: Was können wir voneinander lernen?

Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass es mehr Gemeinsamkeiten gibt als Unterschiede. Denn klar ist, dass sowohl in beiden Regionen als auch global der "AEC"-Sektor, das heißt, der Bereich "Architecture, Engineering, Construction", boomt. Die Auslastung ist sehr hoch. Das erhöht im Umkehrschluss den Handlungsdruck bei allen Akteuren in der Bauwirtschaft – gerade was das Thema Building Information Modeling (BIM) betrifft.

Sicherlich: Die US-Amerikaner gelten als fehleraffiner, sie sind eher bereit, Risiken einzugehen und auch einmal Fehler zu machen. Dagegen ist die bekannte Methode "trial and error", gerade bei Ihnen in Deutschland, eher unbeliebt. Das könnte also einer der "größten Unterschiede" beispielsweise zwischen einem europäischen und einem US-amerikanischen Planer sein: der eine probiert und scheitert eventuell beim ersten Versuch, der andere wartet ab. Im Kontext der BIM-Methodik würde ich aber keinem raten, die Dinge und Entwicklungen abzuwarten! Hier geht es vielmehr darum, aktiv zu werden und zu handeln, die jeweiligen Prozesse im Unternehmen zu durchleuchten und zu prüfen.

Essentiell ist hierbei auch die Schulung und individuelle Weiterbildung der handelnden Personen. Denn: BIM darf nicht als "Buzzword" missbraucht werden oder nur als Mittel zum Zweck dienen, um irgendwelche Wettbewerbe zu gewinnen. BIM ist kein Selbstzweck, sondern eine Kultur. Wer sich diesem komplexen Paradigmenwechsel in der Bauwirtschaft sperrt, der wird nicht erfolgreich sein. Vielmehr geht es doch darum, gewerkeübergreifend zu denken und zu arbeiten. Stichwort: Kommunikation, Kollaboration und Koordination. Die drei berühmt-berüchtigten "K’s". Suchen und schmieden Sie in Ihren Projekten dringend belastbare Allianzen!

Wie würden Sie also, auf den Punkt gebracht, ein "perfektes BIM-Projekt" beschreiben?

Ganz einfach. Und zwar mit dem "Trimble Constructible Prozess", welcher auf drei Säulen – den "drei C's" – basiert. Die "drei C's" stehen für "Constructible" (= ausführungsreif), "Connected" (= vernetzt) und "Content-enabled" (= Content-basiert). Diese Säulen sind der Schlüssel zum Erfolg von Bauprojekten, denn sie rücken den Bauablauf in den Vordergrund und verbessern die Interaktion zwischen den verschiedenen Projektpartnern. Wir bei Trimble sind davon überzeugt, dass diese Strategie Schwung in die BIM-Bewegung bringen wird.

Können Sie das etwas näher erläutern und Beispiele machen?

Bei den "drei C's" geht es im Kern darum, das gegenseitige Vertrauen bei den Baubeteiligten zu stärken und die BIM- Methodik dadurch fest im Gebäudelebenszyklus zu etablieren.

Im Zentrum eines guten BIM-Prozesses stehen doch die Projektbeteiligten – BIM soll die Projektpartner näher zusammenbringen. Vernetzte Bauprozesse helfen demnach, das überholte "Silodenken" aufzubrechen. Stichwort: "Connected". Die Lösungen von Trimble fördern die Zusammenarbeit in Echtzeit und den freien Austausch von Informationen. Die Cloud-basierte Plattform "Trimble Connect" bietet Unternehmen einen Projektraum, in dem alle Beteiligten ihre Baudaten teilen können.

Nochmal: Unsere Strategie umfasst den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Unternehmen der Baubranche konzentrieren sich derzeit jedoch noch stark auf den Mehrwert, den BIM für den Entwurf und frühe Projektphasen bietet. Der wahre Wert von BIM entfaltet sich jedoch erst in der Verwendung verlässlicher Daten für eine bessere Bauausführung. Stichwort: "Constructible". Die Basis eines ausführungsreifen Prozesses ist ein zuverlässiges und detailgetreues 3D-Modell. Ausführungsreife Modelle sind dabei aber mehr als eine hübsche Visualisierung – sie bieten exakte Geometrien und parametrische Daten, die für die Ausführung auf der Baustelle benötigt werden. Mit Trimble-Lösungen erstellen Unternehmen hochdetaillierte Modelle, die alle relevanten Informationen für den Bau beinhalten, vom Heizungsrohr bis zur letzten Schraube. Durch das kontinuierliche Anreichern des 3D-Modells und ein höheres LOD (Level of Development) profitieren die beteiligten Gewerke und Personen unter anderem durch eine bessere Kostenkalkulation und schnellere Fertigung.

Ingenieure und Architekten verfügen heute über Millionen von 3D-Bauteilen, Komponenten und Applikationen, mit denen sie detaillierte 3D-Modelle für Architektur, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik erstellen können. Stichwort: "Content-enabled". Mit dem "SketchUp 3D Warehouse", "MEPcontent" und dem "Tekla Warehouse" bietet Trimble über acht Millionen Komponenten in gut sortierten Content-Bibliotheken. Aufgrund gut verfügbarer BIM-Daten, direkt vom Hersteller, enthalten Modelle die tatsächlich verwendeten Bauteile und können aktuelle Lagerbestände und Lieferketten widerspiegeln.

Sie sehen, wir unterstützen unsere Anwender und Kunden sehr engagiert dabei, ihre Prozesse zu optimieren oder gegebenenfalls komplett neu zu denken. Ziel des "Trimble Constructible Prozess" ist es, sicherzustellen, dass alle Akteure zum richtigen Zeitpunkt genau die Informationen haben, die sie benötigen.

Frau Dr. Buick, wir danken Ihnen für das informative Gespräch!

Weiterführende Informationen: http://ww2.trimble.com/de/

Dienstag, 09.07.2019