Von Nordrhein-Westfalen über Baden-Württemberg bis nach Bayern und wieder zurück – aus dieser digitalen Reise von Informationen generierte sich für ein Kölner Ingenieurbüro ein erheblicher Mehrwert, der sich in Zeitgewinn messen lässt. Nein, nicht einfach ein Ingenieurbüro, sondern ein „Energiebüro“ mit dem Augenmerk auf Nachhaltigkeit, betonen Jörg Schneider und Gregor Nacke, Projektleiter TGA und Fachplaner beim Energiebüro vom Stein aus Köln.
Bei der Gründung des Büros ließ sich der Inhaber Jörg vom Stein noch am Passivhausstandard messen, mittlerweile haben die 14 Mitarbeiter ihre eigenen Ansprüche erhöht und sie sprechen von Klimaneutralität beim Bauen und Betreiben und von „cradle to cradle“. Zugleich sprechen sie nicht nur davon, jeder Mitarbeiter lebt diese Bürophilosophie. „In der Architektur ist schon vieles möglich, bei der Haustechnik beginnt es jedoch schwierig zu werden, denken Sie nur mal an das Recycling eines Rechners. Doch das hält uns nicht davon ab, unseren Anspruch zu verfolgen und wir rennen bei den Herstellern offene Türen ein“, erklärt Schneider. „Generell gehen wir gerne in den Austausch mit unseren Herstellern und Dienstleistern“, fügt er augenzwinkernd hinzu. Offene Türen fanden er und seine Kolleginnen und Kollegen auch bei zwei Softwarehäusern vor: mh-software GmbH aus Karlsruhe, welches mit der TGA-Planungssoftware mh-BIM die Planung, Berechnung und Konstruktion von HLS-Anlagen optimiert, und Orca Software, die Software für Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung und Kostenmanagement, mit Sitz in Neubeuern. Seit 2010 nutzt das Energiebüro bereits die Software Orca AVA. Mit dem Funktionsumfang und der Stabilität zeigen sich Schneider und Nacke zufrieden. Auch der Datenaustausch mit der im Einsatz befindlichen TGA-Planungssoftware funktionierte über GAEB reibungslos. Gedanken an einen Wechsel der TGA-Planungssoftware kamen im Kölner Büro erstmalig Mitte 2020 auf. „Ein fehlerbehaftetes Update zerschoss uns von einem Tag auf den anderen aufwändige Berechnungen und Planungen, eine Lösung wurde nicht schnell angeboten. Das ist noch kein Grund zum Wechseln, aber ein Grund, sich am Markt umzuschauen“, sind sich Schneider und Nacke einig.
Stillstand bedeutet Rückschritt
Ihre eigene Marktrecherche ergab zwei Alternativen: die eine, mit der bisherigen Software weiterzumachen, und die andere, auf die „Systemlinien-Technologie“ von mh-software zu wechseln. Was den TGA-Planern dabei auch klar war: Sie wollten auf BIM-konforme 3D-Planungen umstellen und auf den offenen Austausch mit IFC setzen. „Wir arbeiten immer nachrangig: nach dem Architekten, nach einer Behörde, nach einem Bauherren. Es ist ein Muss für uns, dass wir nicht abgeschottet arbeiten.“ Und dennoch war der Gedanke, auf eine andere TGA-Planungssoftware zu wechseln, fast schon wieder begraben, bevor er richtig zu Ende gedacht werden konnte. „In der Testphase brachte die Datenübergabe an Orca nur einen Datenwust und eine GAEB-Schnittstelle gab es nicht“, erklärt Schneider. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, gab man die Thematik an die beiden Softwarehäuser weiter, diese nahmen Kontakt zueinander auf und analysierten das unbefriedigende Ergebnis. Man stellte gemeinsam fest, dass zwar alle Attribute in der Planung vorhanden waren, aber im Export nicht so aufgeschlüsselt wurden, dass in der AVA-Software verwertbare Daten ankamen. Die IFC-Exporte aus mh waren bisher für den Austausch mit anderen Planungsbeteiligten, etwa Architekten, optimiert. Daraus ein LV zu erstellen, stand bisher nicht im Lastenheft. Die Entwickler von mh-software mussten also eine Antwort auf folgende Frage finden: Wie werden die Daten in IFC so aufgeschlüsselt, dass Orca daraus Mengen komfortabel übernehmen kann?
Bei der Umsetzung standen alle drei Beteiligten im direkten Dialog: mh-software leitete nach den ersten Entwicklungsschritten einen ersten Entwurf an den Softwarepartner und das Planungsbüro weiter, welcher aller-dings noch kein zufriedenstellendes Ergebnis lieferte. Das Feedback wurde eingearbeitet und nach wenigen Tagen kam es zu einem zweiten Entwurf, der schließlich großen Anklang fand (in einem Webinar ist der Workflow der Datenübergabe exakt nachvollziehbar: www.orca-software.com/mhbim).
„Wir haben nur unsere Anforderungen weitergegeben und dann »Stille Post« gespielt“, so Gregor Nacke und ergänzt: „In zwei Schritten war dann das Ergebnis da. Genau das ist der springende Punkt für uns: Wir als Anwender sind die Schnittstelle.“
Barrieren effektiv aufgelöst
Damit waren die technischen Hürden beseitigt. Als nächstes mussten die Mitarbeiter von der neuen Software überzeugt werden. Die Herausforderung bestand darin, unterschiedliche Personengruppen mit unterschiedlichen Kenntnissen und Einstellungen gleichermaßen an die Software heranzuführen. „Wir haben zum Beispiel einen jungen technischen Systemplaner. Der ist in die neue Softwareumgebung rein und hat sich »verliebt« – die alte Arbeitsweise kennt er nur am Rande. Aber wir haben auch eine technische Zeichnerin, die seit 35 Jahren das alte Programm gewohnt ist – für sie ist die Umstellung auf das Neue eine Herausforderung“, gibt Jörg Schneider zu bedenken. Jedoch wussten alle Mitarbeiter, dass sie das nächste Level in der Planung erreichen wollen: Dafür war der Schritt hin zu einer Planungssoftware nötig, welche ein 3D-Gesamtmodell bietet und BIM-fähig ist. Mit einer gehörigen Portion Respekt ließen sich denn auch die Skeptiker motiviert auf das Neue ein.
Der Anspruch des Büros, im LV bereits 99 Prozent Genauigkeit zu erreichen, wird nun durch die effiziente und detaillierte Übergabe des IFC-Modells von mh-BIM nach Orca AVA enorm gefördert. Ein wichtiger Schritt im BIM-Prozess. Für die Handwerksbetriebe können sie so eine eindeutige und klare „Bauanleitung“ bereitstellen, das sei letztendlich auch ihr Produkt, das sie verkaufen. Das Büro erreicht bereits in einer frühen Phase des Bauprojekts eine außerordentliche Detailtiefe. „Hier sehe ich jedoch noch Bedarf für einen nötigen Bewusstseinswandel. Wenn alle Beteiligten es schaffen, dass Entscheidungen zur Ausführung sorgfältig getroffen, in eine frühe Phase der Planung verlegt und dann nicht mehr verändert werden, könnten wir einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gehen – und Kosten sparen“, zeigen sich Nacke und Schneider überzeugt. „Das ist ja auch das Ziel von BIM!“