Hagen Lotz, Geschäftsführer der Data Design System GmbH, beantwortet Fragen zum Status quo beim Thema BIM.
Herr Lotz, "Deutschland hinkt bei BIM hinterher" lautet eine populäre Überschrift in der Bauwirtschaft. Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand?
Tatsächlich gibt es in Deutschland beim Thema BIM noch erhebliches Entwicklungspotential. Angesichts der hohen Auslastung fehlt vielen Baubeteiligten schlicht die Zeit, sich näher mit der Methode zu befassen. Gleichzeitig beobachten wir aber auch, dass die Zahl der Erstprojekte exponentiell ansteigt. Die Architekten und Ingenieure in Deutschland haben das Thema BIM endlich für sich entdeckt. Dabei verfügt die Zusammenarbeit mithilfe des Modells selbstverständlich noch nicht über die Qualität, wie es im Ausland bereits vielerorts der Fall ist.
Welche "Tricks und Kniffe" können sich TGA-Planungsbüros in Deutschland von den Kollegen in den Niederlanden abgucken?
Vor allem, BIM-Projekte nicht von Beginn an mit zu hohen Ansprüchen anzugehen. BIM bedeutet, sich auf eine neue Denk- und Arbeitsweise einzulassen, Zeit in Weiterbildung zu investieren und eigene Praxiserfahrungen zu sammeln. Wer dies zulässt, wird mit der Methode neue Möglichkeiten für sich entdecken, die er in der Form vielleicht gar nicht erwartet hat.
Was würden Sie Fachplanern empfehlen, die zukünftig mit BIM arbeiten möchten?
Starten Sie einfach durch. Warten Sie nicht, bis der komplette theoretische Rahmen und sämtliche Prozesse stehen, sondern beginnen Sie klein und optimieren Sie nach und nach die internen Arbeitsabläufe Ihres Unternehmens. Am besten arbeiten Sie zum Start mit Baubeteiligten zusammen, die Sie kennen, und kooperieren mit diesen über mehrere Projekte hinweg. Lassen Sie sich dabei von Rückschlägen nicht entmutigen. BIM ist eine Investition, die Sie tätigen, um Ihr Unternehmen zukunftssicher zu machen.
Im Beitrag wird klar zwischen der Open-BIM- und der Closed-BIM-Welt unterschieden. Halten Sie dies auf Dauer für zielführend, um die Marktdurchdringung und die Akzeptanz von BIM zu stärken?
Die Grundidee von BIM war immer die partnerschaftliche Zusammenarbeit der Projektbeteiligten auf der Basis eines offenen Datenaustauschs. Leider wurde dieser Gedanke durch die proprietären BIM-Workflows einiger Softwarehersteller verwaschen. Dies war die Geburtsstunde von Open-BIM.
Heute entscheiden sich vor allem große Auftraggeber immer öfter für IFC-basierte Prozesse. Dabei geht es weniger um die Abgrenzung von Open- und Closed-BIM, sondern um Flexibilität bei der Softwareauswahl. Zugleich öffnen sich mehr und mehr Anbieter dem standardisierten, ISO-zertifizierten Datenaustausch per IFC, auch wenn dies nicht aktiv kommuniziert wird. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass sich BIM auch durchsetzen wird, wenn Open- und Closed-BIM als alternative Ansätze nebeneinander existieren.