Potenziale und Handlungsempfehlungen
Da BIM die Planungsphase integriert hat, gilt es nun das Potenzial Digitalisierung entlang der gesamten Kette effizienzsteigernd nutzbar zu machen: Die Vision ist, dass aus einem digitalen BIM-Modell gewerkeorientiert oder bauabschnittsweise benötigte Materialien im Sinne von Stücklisten extrahiert werden können und zu den Zulieferern weitergereicht werden können.
Wenn BIM dann auch Informationen zum Bauablauf enthält und vielleicht sogar mit dem Baufortschritt aktuell gehalten wird, dann können automatisierte Materialabrufe erfolgen. Nächster Schritt wäre eine integrierte Planung, die Prozesseffizienz in der Ausführung mit berücksichtigt sowie die Zusammenfassung von Materialbedarfen über Gewerke hinweg zur Verbesserung der Preiskonditionen.
Dies ist allerdings keineswegs ein selbstverständlicher Bestandteil von BIM. Voraussetzung ist die Integration von logistischen Informationen in die Modelle der BIM-Planer. Das umfasst insbesondere Artikelstammdaten, welche entlang der Kette einheitlich sein sollten (vgl. eCl@ss), sowie grobe Informationen zum Zeitablauf. Zudem müssten alle Informationen für die Beteiligten der Bauausführung gleichermaßen nutzbar werden.
Auf der anderen Seite müssen sich die Wertschöpfungspartner entlang der Bau Supply Chain auf die Digitalisierung ihrer Prozesse noch besser einstellen. Für Bauunternehmen und Handwerksbetriebe bedeutet das eine Schaffung einer digitalen Infrastruktur, bestehend aus (mobiler) Hardware und Software.
Für den Baustoff-Fachhandel bedeutet das den weiteren Ausbau digitaler Vertriebswege, nicht nur im Sinne von Online-Shops, sondern durch Bereitstellung von passenden Schnittstellen für Handwerksbetriebe. Aber auch die interne Nutzung digitaler Hilfsmittel, um das dann nötige Niveau der logistischen Leistung und der Verfügbarkeit logistischer Informationen zu erreichen.
Alle Akteure und insbesondere die Hersteller sind bei Bereitstellung und Nutzung standardisierter Artikelstammdaten in der Pflicht für die Digitalisierung logistischer Prozesse entlang der gesamten Bau Supply Chain.
Analog zu anderen Branchen gelten jedoch auch für die Bauwirtschaft und hier für alle Akteure die Empfehlungen für erfolgreiche Digitalisierung:
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Bereinigung der Prozesse im Sinne nach Ansätzen des Lean Managements. Denn die Digitalisierung ineffizienter Prozesse führt zu ineffizienten digitalisierten Prozessen.
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Bereinigung der Stammdaten (nicht nur der genannten Artikelstammdaten). Denn diese sind Kern der digitalen Prozesse und sorgen für einen stabilen oder eben instabilen Ablauf.
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Bereinigung und ggf. Ergänzung der Systemlandschaft. Denn in IT-Systemen werden physische Prozesse abgebildet; Redundanzen oder Lücken auf dieser digitalen Ebene führen zu Brüchen oder Unstimmigkeiten.
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Entwicklung eines Sicherheitskonzeptes. Denn eine weitere Digitalisierung der Prozesse eröffnet neue Risiken hinsichtlich der Sicherheit und Verlässlichkeit von Daten; eine frühe Auseinandersetzung mit diesen Bedrohungen ermöglicht effizientere und letztlich kostengünstigere Sicherungsmaßnahmen.
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Integration der Mitarbeiter. Denn nur was vom Mitarbeiter akzeptiert und genutzt wird, kann letztlich die gewünschte Effizienzsteigerung erreichen. Schlüssel ist in der Regel der direkte Nutzen für die betroffenen Mitarbeiter.
Quellen:
BMVI (2015a) "Building Information Modeling (BIM) wird bis 2020 stufenweise eingeführt"; online: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2015/152-dobrindt-stufenplan-bim.html
BMVI (2015b) "Stufenplan Digitales Planen und Bauen"; Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Berlin.
Günthner/Borrmann (Hrsg.) (2011) "Digitale Baustelle – innovativer Planen, effizienter Ausführen", Springer, Heidelberg.
Hasenclever/Horenburg/Klaubert/Krupp/Popp/Schneider/Schürkmann/Uhl/Weidner (2011) "Logistikmanagement in der Bauwirtschaft". In: Günthner/Borrmann (Hrsg.) (2011): "Digitale Baustelle – innovativer Planen, effizienter Ausführen", Springer, Heidelberg, S. 205-291.
Höppner (2012) "Baulogistik". In: Klaus/Krieger/Krupp (Hrsg.) (2012): "Gabler Lexikon Logistik"; Gabler, Wiesbaden, S. 42-45.
Krupp/Fleck (2016) "Der Polier – Taktgeber der Bau Supply Chain: Tätigkeitsfelder in Theorie und Praxis – Entwicklungsperspektiven"; HSAOps Eigenverlag, Augsburg.
Müller/Roth/Schmidt (Hrsg.) (2010) "Märkte, Anwendungsfelder und Technologien in der Logistik"; Gabler, Wiesbaden.
Krupp (2010a) "Akzeptanz der Nutzer als Basis für Nutzengenerierung bei der Einführung innovativer Technologien". In: Müller/Roth/Schmidt (Hrsg.) (2010): "Märkte, Anwendungsfelder und Technologien in der Logistik"; Gabler, Wiesbaden, S. 379-395.
Gutermann (1997) "Schlüsselfertiges Bauen – Logistik im Ausbau bei schlüsselfertiger Bauausführung"; Eigenverlag, Institut für Baubetrieb, Dortmund.
Schmidt (2003) "Wettbewerbsfaktor Baulogistik: Neue Wertschöpfungspotenziale in der Baustoffversorgung"; DVV, Hamburg.
eCl@ss (2017) "eCl@ss classification and product desription", online: http://www.eclass.eu/, aufgerufen: 18.04.2017