In den tiefen Gründungsbauten und der etwa 2,2 m dicken Betonplatte des „Marina Tower“ verbauten die Ingenieure also 86 Schlitzwand-Massivabsorber in bis zu 21 m Tiefe sowie Flächenabsorber. Die geothermische Aktivierung der Tiefengründungselemente erfolgte durch den Einsatz von Absorberleitungen. Das Wärmeträgerfluid in den Übertragerrohren besitzt Betriebstemperaturen zwischen 0 und 30 °C und liefert Energie für die erdgekoppelten Wärmepumpen. Diese heizen oder kühlen den Turmkomplex über zusammengenommen 201 hydraulische Kreise der Geothermie-Anlage, indem sie an das Übertragermedium entweder Wärme abgeben oder ihm Wärme entziehen – je nach Bedarf.
Dasselbe gilt für die thermische Aktivierung der Bodenplatte: Hierzu verlegten die Monteure auf insgesamt 2.970 m2 Fläche – verteilt auf beide Turmgrundflächen – Flächenabsorber. Die Rohrleitungen werden von dort zum nächstgelegenen Verteilerstandort und anschließend weiter zum Hauptverteiler verlegt. Die Druckwasserdichtheit der Bodenplattendurchführung sichert bei der senkrechten Verlegung der Zuleitungen eine spezielle Dichtungsschicht bestehend aus Injektionsschaumkörpern mit dauerelastischem Injektionsgel. Die Heizlast des Gebäudes liegt bei etwa 850 kW, die Kühllast beträgt 1.000 kW und wird zu 25 Prozent durch das Geothermie-System gedeckt. Darüber hinaus ist das Gebäude an die Fernwärme Wien angeschlossen, die ihre Verbraucher durch Wärmeerzeugungsanlagen, wie zum Beispiel Abfallverwertungs- und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, klimaschonend vorsorgt.
Der „Schwachstellen-Detektor“
Vor dem Bau des „Marina Tower“ kam zudem ein computergestütztes Planungstool zum Einsatz: die dynamische Gebäudesimulation, die so genannte „Building Performance Simulation“ (BPS). Sie dient dazu, die zahlreichen Faktoren eines komplexen Energiekonzeptes genau definieren und quantifizieren zu können. Eine BPS kann Energieflüsse und Temperaturen in einem Gebäude unter Einbeziehung von internen und externen Einflüssen, wie beispielsweise Personen im Gebäude, Beleuchtungssituationen, Sonneneinstrahlung samt Verschattungssystemen, in hoher zeitlicher Auflösung vorhersagen und bedarfsweise anpassen. Hierdurch können Wechselwirkungen innerhalb des Energieversorgungssystems abgebildet und „Effizienzkiller“ im Voraus ausgeschlossen werden.
Die durch die BPS ermittelten Optimierungen sind für den zukünftigen Objektbetrieb des neuen Gebäudes in der Leopoldstadt von hoher wirtschaftlicher und ökologischer Relevanz. Die dynamische Gebäudesimulation berechnete für den finalisierten energetischen Infrastrukturaufbau ein Einsparpotential in der Heizlast von 15 Prozent. Insbesondere in die fernere Zukunft geblickt, sind die daraus resultierenden Kosten- und Umweltentlastungen ebenso goldwert wie die Aussicht aus den beiden Türmen des neuen „Marina Tower“.