Das Planungsprojekt, das die erstmalige Zertifizierung sämtlicher Planungsschritte aller beteiligten Unternehmen nach ISO 9001 erhielt.
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Höher, schneller, weiter… und besser – durch Kooperation auf Augenhöhe
Dienstag, 09.07.2019
Unterstützt von den Partnerunternehmen Ingenieurteam Trebes und SG-Haustechnik hat das Hamburger Architekturbüro CORE architecture BIM-Lösungen aus den Bereichen Architektur, Statik und Technische Gebäudeausrüstung (TGA) im Rahmen einer Generalplanung ineinandergreifend eingesetzt. Der dabei entstandene, durchgängige und interaktive Planungsablauf wurde nach der Norm ISO 9001 ("Qualitätsmanagementsysteme") durchgeführt, dokumentiert und zertifiziert.
Das angestrebte Ziel, durch integrale Planungsprozesse Bauprojekte ressourceneffizienter, wirtschaftlicher und nachhaltiger zu gestalten, ist wieder ein Stück näher gerückt. Kamen BIM-Anwendungen in der Vergangenheit noch häufig als "Insellösungen" zum Einsatz, wächst heute der Wunsch aller an einem Bauprojekt beteiligten Unternehmen, baurelevante Daten und Informationen nicht nur während der gesamten Bauphase, sondern auch darüber hinaus zu nutzen und kontinuierlich zu teilen. Voraussetzung dafür ist die Migration unterschiedlicher Bausoftware-Anwendungen auf einer einheitlichen Plattform.
Zentraler Kern der BIM-Methode sind die digitalen Teilmodelle, die von den am Planungsprozess beteiligten Planern erstellt werden. Diese sogenannten Fachmodelle entstehen während der Projektbearbeitung, sei es für einen Neu-bau oder für eine Projektarbeit im Bestand, und werden im Planungsverlauf und in Abhängigkeit der Verwendung in ihrem Detaillierungsgrad immer komplexer. Im konkreten Fall bestand die Herausforderung für den Generalplaner CORE architecture darin, die zur Darstellung eigener Architekturmodelle genutzte Konstruktionssoftware mit der vom Ingenieurteam Trebes für statische Berechnungen eingesetzte Trimble-"Tekla"-Software und der von SG-Haustechnik für die TGA genutzte CAD-Software "Trimble Nova" zu "verschmelzen".
Einige Hindernisse überwunden
Zugute kam den Verantwortlichen, dass alle genannten BIM-Applikationen den von buildingSMART International entwickelten IFC-Standard (IFC = Industry Foundation Classes) unterstützen. Dabei handelt es sich um einen offenen Standard im Bauwesen zur digitalen Beschreibung von Gebäudemodellen. Abgebildet werden sowohl die logischen Gebäudestrukturen als auch zugehörige Eigenschaften sowie optionale Geometrie. Komplexe 3D-Planungsdaten mit den Bauelementen und beschreibenden Attributen lassen sich damit zwischen unterschiedlichen Bausoftware-Systemen übertragen. Der Datenaustausch zwischen den beteiligten Unternehmen erfolgte über eine IFC-kompatible Arbeitsplattform, auf die die Modelldaten aus allen eingesetzten Softwareapplikationen übertragen und anschließend aggregiert wurden. Das daraus resultierende komplette 3D-Gebäudemodell konnte so von Architekten, Fachplanern, Kostenplanern und Betreibern durchleuchtet und mögliche Unstimmigkeiten und Regelverletzungen im Modell während eines frühen Planungsstadiums aufgespürt und korrigiert werden.
Was das beschriebene Planungsprojekt in seiner Form einzigartig macht, ist die erstmalige Zertifizierung sämtlicher Planungsschritte aller beteiligten Partnerunternehmen nach dem Qualitätsmanagement- Standard ISO 9001. Bis-lang waren große Teile der BIM-Arbeitswelt weitgehend unreglementiert: "Unser Grundgedanke war es, verbindliche Reglementierungen zu erarbeiten, die die Arbeitsprozesse der bei der Bauausführung beteiligten Architekten, Statiker und Gebäudeausrüster detailliert erfassen und dokumentieren. Durch eine durchdachte, gesamtheitliche Gebäudeplanung sollte nicht nur die Arbeitsabwicklung beschleunigt, sondern auch Kostensicherheit für den Bauherren gewährleistet werden", erklärt Sven Graßnick, Geschäftsführer des Planungs- und Sachverständigenbüros SG-Haustechnik.
Im Rahmen einer 2,5-jährigen Vorbereitungs- und Planungsphase entwickelten gemeinsame Arbeitsgruppen der beteiligten Unternehmen verbindliche Regularien, beispielsweise für die Definition von Prozessen oder die Übergabe von BIM-Modellen. Durchgeführt wurde die Zertifizierung nach ISO 9001 durch die Zertifizierung Bau GmbH, Berlin. Angesichts fehlender Referenzprojekte betrat die bundesweit tätige Zertifizierungsstelle für die Bauwirtschaft – genau wie die Initiatoren – hiermit komplettes Neuland. Nach erfolgreicher Auditierung durch die Zertifizierung Bau GmbH erhielten die Unternehmen im Mai 2018 die Zertifizierungsurkunden. In ihnen wird das Architekturbüro CORE architecture als Hauptzertifizierungsnehmer, die Unternehmen Trebes und SG-Haustechnik als Nebenzertifizierungsnehmer ausgewiesen.
Kulturwandel eingeleitet
"Unserer Erfahrung nach erfordert die BIM-Methode eine Kultur der engen Zusammenarbeit sämtlicher Planungsbeteiligten. Sie wird durch abgestimmte Prozesse unter den Akteuren maßgeblich unterstützt und durch die Einhaltung der ISO 9001 auf ein hohes Niveau gebracht", betont Dipl.-Ing. Wigand Grawe, geschäftsführender Gesellschafter beim Ingenieurteam Trebes.
"Damit haben wir den ersten Schritt eines standardisierten Planungsablaufes in BIM-Projekten gemacht. Dabei geht es nicht, wie manchmal fälschlicherweise angenommen, um die Zertifizierung von zum Beispiel BIM-Austauschszenarien, sondern um die Sicherstellung der Abläufe und Kernprozesse innerhalb eines Projektes unter der Verwendung der BIM-Methodik", unterstreicht CORE architecture Geschäftsführer Lars Kölln.
Sven Graßnick ist sich sicher, dass der Baubranche mit der ISO-Zertifizierung von BIM-Prozessen ein Paradigmenwechsel bevorsteht. Wenn es um die Definition und den Ablauf von Prozessen ging, orientierte sich die Branche bislang eng an der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Sie basiert von der Vorplanung bis zur Ausführungsplanung auf einer anwachsenden Struktur von Daten, die letztendlich in eine endgültige Planung mündet. Parallel dazu ändern sich die Kostenverhältnisse und man erzielt erst am Ende der Planung eine hohe Kostensicherheit. "In der BIM-Planung ist es umgekehrt. Da bereits in der Anfangsphase alle Vorgaben und Rahmenbedingungen detailliert erfasst und dargestellt werden, entsteht hier ein hoher Arbeitsaufwand. Daraus resultiert jedoch eine von Bauherren geschätzte frühe Planungs- und Kostensicherheit", so Graßnick. Ein Wandel, der nach seiner Einschätzung in vielen Unternehmen neue Organisationsstrukturen und ein Umdenken der Mitarbeiter erfordert, angesichts der enormen Perspektiven der BIM-Methodik aber alternativlos ist.
Neue Perspektiven gewonnen
"Wir stehen vor einem Zeitenwandel. So wie heute niemand mehr technische Zeichnungen am Reißbrett, sondern am PC erstellt, wird in Zukunft niemand auf BIM verzichten. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass die Anforderungen der Bauherren, auch im Bereich der öffentlichen Hand, steigen. Immer mehr Auftraggeber möchten die Intelligenz, die in BIM-Planungsmodellen steckt, als Mehrwert – beispielsweise für ein späteres Facility Management (FM) – nutzen. Große, weltweit agierende Bauunternehmen arbeiten bereits heute nahezu ausschließlich in der BIM-Welt und profitieren von der erhöhten Kalkulationssicherheit", ergänzt Graßnick, welcher mit seinem Unternehmen (schon) im Jahre 2011 in die "BIM-Welt" eingestiegen ist, und appelliert an die Baubranche: "Generell, so denke ich, müssen wir uns von den traditionellen, »statischen« Arbeitsweisen verabschieden und »dynamische« Prozesse entwickeln, in denen alle Beteiligten interaktiv miteinander kommunizieren!"
Dass BIM-Konzepte die Art und Weise, wie Gebäude zukünftig erstellt und bewirtschaftet werden, revolutionieren, ist heute unumstritten. Obwohl mit aktuellen Methoden zur digitalen Gebäudemodellierung bereits beeindruckende Resultate erzielt werden können, sieht Sven Graßnick von SG-Haustechnik die Technologie erst am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung: "Meiner Ansicht nach steht BIM trotz aller Erfolge erst am Anfang und bietet vielfältige Perspektiven und Ausbauoptionen. Eine aufeinander abgestimmte internationale Normung für BIM-Software ist wünschenswert. Geschwindigkeit ist immer ein wichtiger Aspekt, genau wie der Einsatz künstlicher Intelligenz oder eine Erhöhung des Automatisierungsgrads. Aber auch die Weiterentwicklung von Werkzeugen, die 3D-Darstellungen direkt auf der Baustelle ermöglichen, ist sicher ein wichtiger Zukunftsfaktor."
Weiterführende Informationen: http://ww2.trimble.com/de/
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