Für eine zukunftsfähige Open-BIM-Projektierung ist das offene, digitale Dateiformat IFC (Industry Foundation Classes) unverzichtbar.
„IFC4“ im TGA-BIM-Workflow
Dienstag, 12.07.2022
Die meisten TGA-Projektierungsprogramme bedienen vorrangig die vorletzte Version „IFC2x3“. Das aktuelle Format „IFC4“ kommt bisher überwiegend in BIM-Softwares für Architektur und Tragwerksplanung zur Anwendung. Erst im September 2021 hat mit MagiCAD 2022 für „Revit“ die erste TGA-BIM-Software das offizielle „IFC4“-Zertifikat erhalten. Viele TGA-Planungsbüros zucken jetzt vielleicht mit den Schultern, denn die Arbeit mit „IFC2x3“ funktioniert für sie gut. Warum ist „IFC4“ dennoch in der gewerkeübergreifenden BIM-Projektierung auch für TGA-Planende entscheidend und welchen Nutzen können sie erwarten? Florian Bach, Technical Consulting Engineer bei MagiCAD, beantwortet im folgenden Interview diese und andere Fragen.
Gleich vorneweg: Warum ist das „IFC4“-Format für die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) wichtig?
Seit der Einführung der ersten Version „IFC1.0“ im Jahr 1997 hat sich viel getan. Aus jeder Version wurden Erkenntnisse für Verbesserungen gewonnen. Das Format wird stetig weiterentwickelt. Nicht ohne Grund stellt „IFC2x3“ in der Baubranche den Standard für einen intelligenten, modellbasierten Informationsaustausch dar. Aber auch „IFC4“ hält sinnvolle Erweiterungen und Optimierungen bereit. Sicher, auf den ersten Blick erscheinen diese für die TGA-Planung wenig relevant. Aber eine wettbewerbsfähige Projektierung steht und fällt mit der reibungslosen Zusammenarbeit mit anderen Fachgewerken. Es sitzen schließlich alle im gleichen Boot – oder besser: im gleichen Gebäude. Je fehlerfreier und genauer die einzelnen Fachmodelle zusammengeführt und die enthaltenen Informationen geprüft sowie abgestimmt werden, umso effizienter die Koordination und hochwertiger das Ergebnis.
Gibt es einen offiziellen ISO-Standard für das „IFC“-Format?
Ja: „IFC4“. So einfach! „IFC“ übermittelt beim Austausch sehr umfangreiche und komplexe Informationsstrukturen. Die Standardisierung des Formates war wirklich wichtig. Damit können alle relevanten Projektinformationen platt-formunabhängig und gewerkeübergreifend ausgetauscht und verarbeitet werden. Die Version „IFC2x3“ ist nicht offiziell standardisiert. Der ISO-Standard 16739 („Industry Foundation Classes (IFC) für den Datenaustausch in der Bauindustrie und im Anlagen-Management“) wurde erst mit der Version „IFC4“ vergeben. Jede Software, die diesen Standard unterstützt, kann also länderübergreifend sowie herstellerunabhängig das Fachmodell möglichst verlustfrei an andere CAD-Systeme übertragen oder umgekehrt empfangen.
Wofür steht „IFC4-MVD“?
„MVD“ steht für „Modell View Definition“: In jedem Planungsprozess wird vorab für den „IFC“-Datenaustausch eine Vorgabe für die Modelldefinition bestimmt, die sogenannte „MVD“. Um buildingSMART zu zitieren: Sie stellt „eine Anleitung für alle IFC-Begriffe zur Verfügung – also Klassen, Attribute, Beziehungen, Eigenschaftssätze, Mengendefinitionen und mehr“.
Damit können wir Planungsbeteiligten bei der Koordination die komplexe „IFC“-Informationsstruktur der einzelnen Modelle auf eine projektrelevante Teilmenge herunterbrechen. Denn für den Export einer „IFC“-Datei ist der Ver-wendungszweck entscheidend. Wir müssen uns überlegen: Dient sie „nur“ Koordinationszwecken oder sollen der Datei im Verlauf des Planungsprozesses weitere Informationen, zum Beispiel technische Produktspezifikationen, entnommen werden können? Beide Planungszwecke haben unterschiedliche Ansprüche an den Detaillierungsgrad der übertragenen Modelle, also an die Informationsbedarfstiefe – besser bekannt als „LOIN“ („Level of Information Need“). Das wiederum wirkt sich auf den Datenumfang aus, der nicht über das geforderte Informationsmaß hin-ausgehen sollte. Bauteile mit hohem Detaillierungsgrad, wie realgetreuer Geometrie („Level of Geometry“/„LOG“), sind oft erst in späteren Projektphasen notwendig.
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