Feinstpartikel elektrostatisch abfangen
Extreme Schnittgeschwindigkeiten und luftdichte Einhausungen hochmoderner Werkzeugmaschinen lassen die Schadstoffkonzentration im Arbeitsraum überproportional ansteigen. Sie liegt nicht selten um den Faktor 100 (!) über der Konzentration in nur zehn Jahre alten Maschinen. Mechanisch wirkende Abscheider sind damit überfordert.
Die Industrie entwickelte daher Elektrostate mit mehrstufigen Ionisatoren und Kollektoren, denen immer ein Agglomerator und ein "X-Cyclone"-Abscheider vorgeschaltet sind, auch als Explosionsschutz und zum Schutz gegen Flammdurchschlag.
Die Vorstufen fangen die groben Verunreinigungen ab; im bis zu dreistufigen Ionisationsfeld des Elektrostaten werden Feinstpartikel bis zu 0,01 µm abgefangen. Typische Fraktionsabscheidegrade für solche Hochleistungs-Elektrostate: 93 Prozent bei 0,05 µm und 98 Prozent bei 0,8 µm Partikeldurchmesser. Diese ultrafeinen Schadstoffe im Nanobereich treten unter anderem bei Schweißarbeiten mit modernen Zusatzwerkstoffen auf.
Die Abscheideleistung von Elektrostaten hängt hauptsächlich von der anliegenden Hochspannung ab. Sie liegt im Bereich von 6 bis 7 kV und erzeugt als Nebenprodukt Ozon, das schon bei Konzentrationen von 0,2mg/m3 als krebserregend eingestuft wird. Die Berufsgenossenschaft hat unlängst alle Grenzwerte aufgehoben und ist dabei, sie neu festzulegen.
Tamás Szegfü führt weiter aus: "Generell haben Elektrostate den Vorteil, dass es keine Verschleißteile gibt. Es fällt kein Filtermedium als Sondermüll an und die Geräte lassen sich vor Ort reinigen." Allerdings: Bei einem KSS mit hohem Wassergehalt ist ein Elektrostat völlig ungeeignet. Es käme zu Kurzschlüssen und zu einem Zusammenbruch der Hochspannung. Der Grund liegt darin, dass die anteiligen Wassertröpfchen elektrostatisch nicht aufladbar sind. Ein Hochspannungstrafo wird schließlich auch nicht mit Wasser gekühlt.
Holt selbst Moleküle raus
Bei extremen Schnittgeschwindigkeiten treten oft Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius in der Bearbeitungszone auf. Sie lassen die KSS-Partikel zu Molekülen verdampfen. Diese passieren die oft eingesetzten Schwebstofffilter und kondensieren dann im Abluftkanal. So entsteht eine latente Brandlast, von den Emissionen an die Umwelt abgesehen. Und in der Halle ist ein KSS-Geruch wahrnehmbar, obgleich die empfohlenen Grenzwerte eingehalten werden.
Schwebstofffilter fangen KSS-Moleküle erst ab, wenn sie weitgehend gesättigt sind, ihre Standzeit praktisch abgelaufen ist. Reven empfiehlt daher ein mehrstufiges Abscheideverfahren nach dem Luftwäscherprinzip: Nach der Vorreinigung mit einem "X-Cyclone"-Abscheider erzeugt ein Düsenstock einen Wasservorhang, der die Gas- und Dampfmoleküle auswäscht. Der Sprühvorhang hat eine kühlende Wirkung und lässt die Moleküle schon im Abscheider kondensieren und nicht erst im Abluftkanal.
Diese Spraytechnik wurde den Gaswäschern in der chemischen Industrie entlehnt. Fallweise wird noch ein Agglomerator als Zwischenstufe eingesetzt. Das Verfahren bietet sich ferner bei extrem hohen KSS-Drücken an, weil auch dort keine Aerosole entstehen, sondern Moleküle abzufangen sind. Die gleiche Problematik stellt sich bei der Abluftreinigung von Härteöfen.
Ein weiterer Sonderfall ist die trockene Zerspanung, zum Beispiel die Guss- und Graphitbearbeitung ohne KSS. Dabei entstehen mitunter Feinstaub und Rauch im Nanobereich, nicht selten auch explosionsfähige Gemische. So erzeugt die Trockenzerspanung von Aluminium hohe Emissionswerte. Hier haben sich ebenfalls mehrstufige "X-Cyclone"-Abscheider bewährt.
Ratsam ist wiederum ein nachgeschaltetes Spraysystem. Ein Düsenstock besprüht dabei die Edelstahl-Abscheidelamellen mit Wasser und spült die pulverförmigen Zerspanungspartikel in einen Auffangbehälter. Der Einsatz von Wasser verhindert auch die mögliche Explosion zündfähiger Stäube.
Generell muss bei der Trockenbearbeitung mit höherer Absaugleistung gefahren werden als beispielsweise bei der Emulsionskühlung. Andernfalls setzen sich Feinstaubpartikel im Bearbeitungsraum, auf den Führungen und Antrieben, ab.
Zentral oder dezentral?
In größeren Fertigungsbetrieben mit vielen nebeneinander stehenden Bearbeitungszentren hat jede Maschine oft ihren eigenen Ölnebelabscheider. Diese Direktabsaugung spart Energie, weil nur die Abscheider der laufenden Maschinen in Betrieb sind. Störende Luftkanäle entfallen. Bei einer Neuanordnung oder Aufstellung zusätzlicher Maschinen muss kein Luftkanalnetz angepasst werden. Und bei Wartungsmaßnahmen an einer Maschine wird nicht der ganze Betrieb unterbrochen.
Alternativ zu dieser Stand-alone-Technik kommt die Gruppenabsaugung mit einem leistungsstarken Luftreiniger im Sammel-Abluftkanal infrage. Der zentrale Luftreiniger ist also über ein Kanalsystem mit mehreren Maschinen verbunden. Zu beachten ist, dass wasser- und nichtwassermischbare KSS mit getrennten Systemen abzusaugen sind. Auch für die Trockenbearbeitung ist ein separater Absaugstrang erforderlich.
Das Zentralsystem ist indes aus baulichen Gründen oft schwierig, weil Kranbahnen und Konsolkräne die Kanalführung schwierig machen. Je mehr Absaugstellen vorhanden sind, desto komplizierter ist auch die Justierung der Luftmengen. Nicht selten stellt sich in der Praxis heraus, dass die Schadstoffbelastung am Arbeitsplatz höher ist als bei der dezentralen Variante.
Ferner ist bei großen zentralen Anlagen für jede Maschine ein Vorabscheider unverzichtbar, weil sich sonst ölhaltiges Kondensat in den bis zu 200 m langen Abluftkanälen niederschlägt. Ohne Vorabscheidung auf der Maschine reichern sich in diesen Leitungen bis zu 1.000 (!) Liter Kondensat an. Szegfü warnt: "Das ist eine gefährliche Brandlast und macht im Brandfall den Abluftstrang zu einer Zündschnur, die das ganze Gebäude anstecken kann".
Feuerschutzklappen und eine Löschautomatik sollen diesen Effekt verhindern. Bei einer Verpuffung in der Maschine – beispielsweise durch einen Werkzeugbruch – können sie aber ein Durchzünden der Flamme in den Abluftkanal nicht sicher vermeiden, weil eine verfettete Feuerschutzklappe nicht dicht schließt. Dieses Problem ist vielen Planern gar nicht bewusst. Auch ist durch die Gewichtszunahme schon mancher verölte Abluftkanal kollabiert.
Bei der Vorabscheidung sollte der Planer darauf achten, dass die Abscheider flammendurchschlagssicher sind. Diese Eigenschaft wird durch ein entsprechendes DIN-Prüfzeichen nachgewiesen. Die Prüfung orientiert sich an der Euronorm DIN EN 16282. Diese Norm schreibt durchschlagssichere Aerosolabscheider für Großküchen vor, weil es dort immer wieder zu verheerenden Fettbränden im Abluftkanal kam. Sie gilt zunehmend auch Industrieausrüstern als Richtschnur für die Auswahl von Ölnebelabscheidern an Werkzeugmaschinen.
Last but not least ist zur Sammelabsaugung anzumerken: Bei großen Anlagen wird die ganze Abluftmenge aus dem Gebäude geblasen. Bei 20.000 oder 40.000 m3/h ist dann im Winter die gleiche Menge an Außenluft vorzuwärmen, ehe sie in das Gebäude strömt. Das ist teuer und erfordert eine aufwendige Wärmerückgewinnung.