Wohnhäuser schnell, wiederholbar und bezahlbar auf zukunftssicheren Nullenergiestandard sanieren? Wunschdenken für die Zukunft? Längst nicht mehr!
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Innovativ und bezahlbar sanieren mit Energiesprong
Dienstag, 16.07.2019
Aus den Niederlanden kommt das dort bereits tausendfach erfolgreich umgesetzte Sanierungskonzept Energiesprong, das diese Kriterien erfüllt. Jetzt werden in Deutschland erste Gebäude nach dem innovativen Prinzip saniert.
Energiesprong steht für Sanierungen mit industriell vorgefertigten Fassaden und Dächern und vollständig integrierten Energiesystemen. Das sanierte Haus erreicht den Nullenergiestandard (Net-Zero-Standard). Das Gebäude erzeugt also über das Jahr so viel Energie für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom, wie benötigt wird. Ein innovatives Finanzierungssystem macht Energiesprong-Sanierungen attraktiv für Mieter und Eigentümer gleichermaßen. Für 2019/2020 sind bundesweit mehrere Projekte mit insgesamt rund 300 Wohneinheiten geplant, die ganz praktisch zeigen, wie es funktioniert.
Bezahlbaren und klimafreundlichen Wohnraum zu schaffen, ist eine zentrale Aufgabe für Politik und Unternehmen. Bis 2050 soll der Gebäudebestand in Deutschland nahezu klimaneutral sein. Es zeichnet sich ab, dass dieses Ziel mit bisherigen Sanierungsprozessen allein nicht zu erreichen ist. Energiesprong kann hier ein Teil der Lösung sein.
Der Energiesprong-Ansatz zielt darauf ab, Wohngebäude in kurzer Zeit auf einen Nullenergiestandard zu bringen und dabei sowohl die Interessen der Eigentümer als auch der Mieter zu wahren. So bietet das Energiesprong-Modell Wohnungsunternehmen ein hochwertiges, optisch ansprechendes, schnelles, kostengünstiges und wiederholbares Sanierungskonzept mit gleichbleibend hohem Qualitätsstandard. Die Bewohner erleben nach der Sanierung mehr Wohnkomfort und bezahlen dennoch nicht oder nur geringfügig mehr Warmmiete als zuvor.
Wie eine Energiesprong-Sanierung funktioniert
Möglich wird das, weil der Energiesprong-Prozess zum einen neue Technologien und Prozesse aus der Industrie 4.0 nutzt, die auch dem Engpass an Fachkräften entgegenwirken.
Zu Beginn wird das Gebäude mit Hilfe eines 3D-Laserscanners vermessen. Anhand dieser Daten wird die Planung in 3D erstellt und direkt in die Fertigungsplanung übertragen. Auf deren Basis werden im Werk die Fassaden- und Solardachelemente millimetergenau und unter gleichbleibenden Bedingungen vorgefertigt – inklusive Fenstern, Türen, Dämmung und Außenputz. Durch die industrielle Fertigung lassen sich hohe Qualitätsstandards setzen und deren Einhaltung genau überprüfen. Wie auch bei anderen in Serienproduktion gefertigten Gütern, beispielsweise bei Autos, sind individuelle gestalterische Anpassungen, etwa bei Farben, optischen Elementen und Oberflächen, problemlos möglich.
Im Anschluss werden die vorgefertigten und maßgeschneiderten Elemente per Tieflader zum Haus transportiert und am Gebäude montiert. Das geht in der Regel schnell: Die Bewohner sind, im Vergleich zur traditionellen Sanierung, viel kürzer den Belastungen durch eine Baustelle ausgesetzt.
Zudem kommt eine Photovoltaikanlage auf das Dach. Ebenfalls vormontiert wird ein integriertes Energiemodul, das die gesamte Haustechnik enthält, darunter eine Wärmepumpe, die die alte Heizung ersetzt, ein Warmwasserspeicher, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sowie die Elektronik für Photovoltaik und Monitoring. Das Modul wird als Gesamteinheit, die nur noch angeschlossen werden muss, auf die Baustelle geliefert. Durch das Aufstellen außerhalb der Gebäudehülle wird die laufende Wartung der Heizungsanlage für den Heizungsbauer und die Handwerksfachfirmen erheblich einfacher. Solche Module werden in den Niederlanden, dem Ursprungsland von Energiesprong, bereits in Serie gefertigt. In Deutschland werden gerade erste Module für den Mehrfamilienhausbereich entwickelt.
Durch die Vorfertigung sinkt der Personalaufwand vor Ort, je Fachkraft kann mehr saniert werden, die Planungssicherheit steigt. Die Standardisierung vereinfacht für den Auftraggeber auch den Ausschreibungs- und Bestellprozess. Statt vieler Einzelbeauftragungen und detaillierter Leistungsbeschreibungen kann bei einem Generalübernehmer das "Paket" Sanierung auf den Net-Zero-Standard bestellt werden. Dieses Unternehmen ist dann zentraler Ansprechpartner für den Auftraggeber und koordiniert alle beteiligten Akteure.
Nullenergie-Sanierungslösungen für Mehrfamilienhäuser
Eigentümern wie Bewohnern bietet der innovative Ansatz also viele Vorteile. Gleichzeitig ist klar, dass Energiesprong etablierte Sanierungsprozesse ergänzen und nicht ersetzen kann. Serielles Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip eignet sich zunächst insbesondere für die Gruppe kleinerer Mehrfamilienhäuser aus den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren mit einfacher Hülle und einem eher hohen Energieverbrauch von mindestens etwa 130 kWh/m²·a. Schätzungsweise 500.000 dieser Gebäude gibt es in Deutschland. Perspektivisch kommen auch andere Mehrfamilienhäuser, Einfamilienhäuser oder Nichtwohngebäude für eine Energiesprong-Sanierung in Frage. Auch hier bleibt eine relativ schlichte und gleichförmige Fassade aber Voraussetzung.
In der aktuellen Phase der Marktentwicklung ist der Energiesprong-Ansatz vor allem interessant für Eigentümer von Gebäudeserien. Das können auch kleinere Gebäudeserien, wie zum Beispiel fünf Mehrfamilienhäuser gleichen Bautyps, sein. Wie sich in anderen europäischen Ländern bereits gezeigt hat, entsteht durch die Energiesprong-Initiative ein neuer Sanierungsmarkt mit innovativen Produkten und Technologien, durch die auch Gebäude energetisch saniert werden können, die bisher nicht wirtschaftlich zu sanieren waren.
Weiterführende Informationen: https://www.energiesprong.de
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