Mehr als die Reduktion von CO2-Emissionen
Klimaschutz ist das Gebot der Stunde und sollte Grundvoraussetzung für die Planung und den Betrieb von Gebäuden sein. Um ein Quartier lebenswert, bezahlbar und im Einklang mit der Umwelt zu gestalten, bedarf es übergeordnet den Ansatz der ganzheitlichen Nachhaltigkeit. Sie schließt Klimaschutz mit ein. Alle relevanten Aspekte vereint die DGNB in ihrem Zertifizierungssystem für Quartiere [4]. Der Kriterienkatalog schafft in 30 Kriterien eine Balance zwischen den drei Säulen der Nachhaltigkeit, also Ökologie, Soziokultur und Ökonomie. Weiterhin stellt es Anforderungen an die Planungsprozesse und die Technik. Einen Überblick über alle Kriterien liefert Abbildung 4 auf horizontaler Ebene. Die vertikale Ebene verdeutlicht, dass sich Klimaschutz, aber auch Themen wie das Wohlergehen der Bewohner, Biodiversität, soziale Mischung und weitere in den einzelnen Kriterien wiederfinden.
Nachhaltige Quartiere werden über den gesamten Lebenszyklus geplant und betrachtet. Zukünftige Veränderungen werden also mitberücksichtigt, sorgen für langfristigen Werterhalt und Risikominimierung. Das System hat die Gesamtperformance des Quartiers zum Ziel. Bewertet wird also beispielsweise, ob Klimaneutralität im Betrieb erreicht wird und nicht die einzelne Maßnahme. Damit bleibt der Weg offen für freie Gestaltung und Innovationen.
„Um Anreize dafür zu setzen, dass der Betrieb des Quartiers klimaneutral ist, vergeben wir dafür Bonuspunkte. Oft ist es viel effizienter ein Quartier mit Wärme aus einer regenerativen Quelle zu versorgen, als jedes Gebäude einzeln“, sagt Stephan Anders, der bei der DGNB die Abteilung Zertifizierung leitet. Diese Philosophie der ganzheitlichen Nachhaltigkeit führte eine Handvoll Architekten und Bauschaffende zusammen, die schließlich 2007 zur Gründung der DGNB führte. Sie entschieden sich damals, all die Kriterien für nachhaltiges Bauen in einem Zertifizierungssystem zu vereinen und anwendbar zu machen. Angefangen mit dem System für Neubauten, gibt es heute für alle Anwendungen und Bauvorhaben einen Kriterienkatalog. Bereits 2011 wurde das DGNB-System für Quartiere entwickelt.
Weiterentwicklung und Ausblick
So wie sich Gesellschaft, Markt und Regulationen verändern, werden auch die Zertifizierungssysteme der DGNB stetig weiterentwickelt, um weitere Ambitionen zu setzen. Das System für Quartiere liegt aktuell in der Version 2020 vor. Überlegungen zur Überarbeitung laufen kontinuierlich weiter. „In der CO2-Bilanzierung sind die noch offenen Fragestellungen auf Quartiersebene, wie man mit Emissionen und Senken außerhalb der Gebäude umgeht“, sagt Anders. Er meint damit Verkehr, Infrastruktur, vielleicht sogar Ernährung und CO2-Senken durch Pflanzen.“ Bilanziert werden diese Bereiche im Zertifizierungssystem noch nicht, aber als Anforderung niedergeschrieben sind sie bereits; in Kriterien wie Mobilitätsinfrastruktur, Biodiversität und Mikroklima. „Mit einer angemessenen Dichte, vielen Grünflächen, nachhaltigen Mobilitätsangeboten und sozialer Durchmischung ist man in jedem Fall auf einem guten Weg“, schließt Anders.
Quellen:
[1] NewClimate Institute (2022): Corporate Climate Responsibility Monitor 2022 [2] DGNB (2020): Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Standorte [3] DGNB (2021, 12. August): DGNB plädiert für differenzierten Umgang mit Holzbau [Pressemeldung]. https://www.dgnb.de/de/aktuell/pressemitteilungen/2021/positionspapier-holzbau [4] DGNB (2020): DGNB System Kriterienkatalog Quartiere