TGA

Industrielle Luftreinigung als Potential für TGA-Fachplaner

Mittwoch, 19.09.2018

Die Metallzerspanung setzt durch Verdampfung der Kühlschmierstoffe Öl- und Emulsionsnebel, Dämpfe und Rauch frei. Diese Emissionen gilt es, in den zulässigen Grenzen zu halten. Sonst verölt die Halle und die Gesundheit der Mitarbeiter ist gefährdet. Das Thema fordert den TGA-Planer heraus, denn es birgt aussichtsreiche Umsatzmöglichkeiten.

Eine Industriehalle von innen.
Quelle: alexanderbeck / https://pixabay.com

Bei der Zerspanung von Metallen entstehen an den Werkzeugschneiden hohe Temperaturen. Das führt zur Verdampfung von Kühlschmierstoff (KSS) und würde ohne deren Absaugung den Arbeitsplatz einnebeln und die Halle schwärzen. Wichtiger ist freilich das gesundheitliche Risiko. Der Mensch atmet im Tagesverlauf zirka 12.000 Liter oder 15 kg Luft ein und mit ihr eine große Schwebstoff-Menge. Viele KSS-Partikel haben eine Größe von weniger als 5 µm und können Krebs und Asthma verursachen, wenn sie eingeatmet werden. Je kleiner die Tröpfchen, desto gefährlicher sind sie: Ultrafeine Partikel mit weniger als 2 µm Durchmesser sind alveolengängig. Das heißt, sie dringen bis in die Lungenbläschen vor und geraten dadurch in die Blutbahn. Dagegen hat der Körper keinen natürlichen Abwehrmechanismus. Der Emissionsschutz ist also dringend geboten und ist ein aussichtsreiches Geschäftsfeld für den TGA-Planer. Welche Lösungsmöglichkeiten bietet ihm die Industrie an?

Steckerfertige Aufsatzgeräte

"Die Wahl des Abscheideverfahrens hängt hauptsächlich vom verwendeten Kühlschmierstoff und den emittierten Partikelgrößen ab", erklärt Tamás Szegfü, Produktmanager der schwäbischen Rentschler Reven GmbH, Anbieter von Luftreinigern für die verarbeitende Industrie. Für kleinere Werkzeugmaschinen mit einem Arbeitsraum bis etwa 10 m³ und geringer Dampf- und Rauchentwicklung haben sich kompakte Öl- und Emulsionsnebelabscheider bewährt, die auf der Maschine aufgesetzt werden. Ihre Luftleistung liegt zwischen 500 und 5.000 m³/h. Der Unterdruck in den gekapselten Maschinen verhindert das Austreten der KSS-Emissionen. Die gereinigte Luft strömt in die Halle zurück. Die Geräte sind nach oben aufklappbar, wodurch die Abscheideelemente leicht zugänglich sind.

Moderne Kompaktabscheider sind mit selbstreinigenden "X-Cyclone"-Abscheidelamellen bestückt. Sie arbeiten ohne Filtermatten, die sich vollsaugen und periodisch auszuwechseln sind. Es entfallen also die Entsorgungs-und Anschaffungskosten für Ersatzfilter. Vorteilhaft sind beim "X-Cyclone"-Prinzip die konstanten Abscheidegrade. Speichernde Luftfilter haben zwar am Anfang gute Abscheidegrade; mit zunehmendem Sättigungsgrad geht die Abscheideleistung aber drastisch zurück.

Die Grafik beschreibt das Cyclone-Abscheideprinzip.
Quelle: Rentschler Reven
Cyclone-Abscheideprinzip.

Die vom Abscheider abgefangenen Nebeltröpfchen fliesen zurück in den KSS-Tank der Maschine. Diese Geräteart ist oft als Rotationsabscheider (Zentrifuge) konstruiert, bei der – wie bei einem Wäschetrockner – die ganze Filtertrommel rotiert. Daraus resultieren Vibrationen, Geräusche und ein großer Energieverbrauch. Bei fortschrittlichen Konstruktionen rotiert dagegen nur der Ventilator und nicht die Abscheidetrommel. Ferner lässt sich hier die Luftmenge stufenlos den Emissionen angleichen. Die Kompaktabscheider werden mitunter als steckerfertige Aufsatzgeräte angeboten. Als Zubehör gibt es einen Elektrostaten. Tamás Szegfü: "Diese Kombination bietet sich beispielsweise für kleinere Schleifmaschinen an, die mit reinem Schleiföl schmieren und kühlen."

Anwendergerecht bestückt

Für größere Werkzeugmaschinen und hohe KSS-Drücke sind mehrstufige Abscheidesysteme geboten. Sie rotieren nicht, sondern haben mehrere hintereinander geschaltete "X-Cyclone"-Abscheider. Die Elemente sind ausziehbar; sie lassen sich zur Grundreinigung zerlegen und beliebig oft wiederverwenden. Die mehrstufige Abscheidung erlaubt kundenspezifische Lösungen: Ändert sich die Kühlschmierung, wird beispielsweise von wasserhaltiger Emulsion auf Mineralöl umgestellt oder von ölhaltigen auf esterbasierten KSS, wird die Kombination der Abscheideelemente darauf abgestimmt. Ein typisches Beispiel für ein dreistufiges System: Die erste Stufe fängt nach dem "X-Cyclone"-Prinzip Festpartikel und Öltröpfchen in der Größenordnung 1 µm und darüber ab.

Mehrstufiger Abscheider mit ausziehbaren Komponenten.
Quelle: Rentschler Reven
Mehrstufiger Abscheider mit ausziehbaren Komponenten.

Der nachgeschaltete Agglomerator erfasst die Partikel unter 1 µm, auch Nanopartikel genannt. Er besteht aus einem mehrlagigen Edelstahl-Gestrick. Die Oberflächen werden von einem Teil des zuvor abgeschiedenen Öles benetzt. Das bewirkt, dass die feinen Aerosole agglomerieren, das heißt, durch Adhäsion und Kohäsion größere Partikel bilden. Diese werden durch die dritte Stufe, wiederum einem "X-Cyclone"-Abscheider, zuverlässig entfernt. Aus dem Zubehör-Baukasten entsteht so ein maßgeschneidertes Endprodukt.

Nach den Entwurfsparametern sind bis zu 5 und mehr Abscheidestufen geboten, mithin unter Verwendung eines Schwebstofffilters als Endstufe. Fallweise – so bei hohen KSS-Drücken bis 200 bar und/oder bei Rauchentwicklung – wird ein Elektrostat nachgeschaltet. Beispielsweise beim Tieflochbohren, das mitunter KSS-Drücke bis zu 300 bar notwendig macht. Bei der Hochdruckeindüsung ist es wichtig, dass der Abscheider recht großzügig ausgelegt wird, weil sonst durch die Ritzen im Arbeitsraum unkontrolliert Aerosole entweichen.

Die hohe Abscheideleistung der mehrstufigen Systeme erlaubt in der Regel die Rückführung der gereinigten und geruchsneutralen Luft in die Werkhalle. Bei einer Partikelgröße von 1 µm beträgt der Abscheidegrad moderner Systeme oft 100 Prozent, bei 0,5 µm immer noch 95 Prozent.

Für den Kunden ist es in der Angebotsphase wichtig, die Fraktions-Abscheidegrade zu erfahren. Reven-Sprecher Tamás Szegfü: "Seriöse Anbieter schlüsseln die Abscheidegrade ihrer Produkte über dem gesamten Partikelspektrum auf. Die Angabe gravimetrischer Gesamtwirkungsgrade hingegen ist eine nutzlose Katalogweisheit, denn sie lässt keinen Vergleich mit den konkurrierenden Systemen zu."

Vorsicht ist ferner geboten, wenn bei der Absaugleistung der Hinweis "frei saugend" steht. Das ist dann nicht die wirkliche Luftleistung des Gerätes, sondern die reine Ventilatorleistung ohne Filter und eine Täuschung des Kunden.

Feinstpartikel elektrostatisch abfangen

Extreme Schnittgeschwindigkeiten und luftdichte Einhausungen hochmoderner Werkzeugmaschinen lassen die Schadstoffkonzentration im Arbeitsraum überproportional ansteigen. Sie liegt nicht selten um den Faktor 100 (!) über der Konzentration in nur zehn Jahre alten Maschinen. Mechanisch wirkende Abscheider sind damit überfordert.

Die Industrie entwickelte daher Elektrostate mit mehrstufigen Ionisatoren und Kollektoren, denen immer ein Agglomerator und ein "X-Cyclone"-Abscheider vorgeschaltet sind, auch als Explosionsschutz und zum Schutz gegen Flammdurchschlag.

Die Vorstufen fangen die groben Verunreinigungen ab; im bis zu dreistufigen Ionisationsfeld des Elektrostaten werden Feinstpartikel bis zu 0,01 µm abgefangen. Typische Fraktionsabscheidegrade für solche Hochleistungs-Elektrostate: 93 Prozent bei 0,05 µm und 98 Prozent bei 0,8 µm Partikeldurchmesser. Diese ultrafeinen Schadstoffe im Nanobereich treten unter anderem bei Schweißarbeiten mit modernen Zusatzwerkstoffen auf.

Die Abscheideleistung von Elektrostaten hängt hauptsächlich von der anliegenden Hochspannung ab. Sie liegt im Bereich von 6 bis 7 kV und erzeugt als Nebenprodukt Ozon, das schon bei Konzentrationen von 0,2mg/m3 als krebserregend eingestuft wird. Die Berufsgenossenschaft hat unlängst alle Grenzwerte aufgehoben und ist dabei, sie neu festzulegen.

Tamás Szegfü führt weiter aus: "Generell haben Elektrostate den Vorteil, dass es keine Verschleißteile gibt. Es fällt kein Filtermedium als Sondermüll an und die Geräte lassen sich vor Ort reinigen." Allerdings: Bei einem KSS mit hohem Wassergehalt ist ein Elektrostat völlig ungeeignet. Es käme zu Kurzschlüssen und zu einem Zusammenbruch der Hochspannung. Der Grund liegt darin, dass die anteiligen Wassertröpfchen elektrostatisch nicht aufladbar sind. Ein Hochspannungstrafo wird schließlich auch nicht mit Wasser gekühlt.

Holt selbst Moleküle raus

Bei extremen Schnittgeschwindigkeiten treten oft Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius in der Bearbeitungszone auf. Sie lassen die KSS-Partikel zu Molekülen verdampfen. Diese passieren die oft eingesetzten Schwebstofffilter und kondensieren dann im Abluftkanal. So entsteht eine latente Brandlast, von den Emissionen an die Umwelt abgesehen. Und in der Halle ist ein KSS-Geruch wahrnehmbar, obgleich die empfohlenen Grenzwerte eingehalten werden.

Schwebstofffilter fangen KSS-Moleküle erst ab, wenn sie weitgehend gesättigt sind, ihre Standzeit praktisch abgelaufen ist. Reven empfiehlt daher ein mehrstufiges Abscheideverfahren nach dem Luftwäscherprinzip: Nach der Vorreinigung mit einem "X-Cyclone"-Abscheider erzeugt ein Düsenstock einen Wasservorhang, der die Gas- und Dampfmoleküle auswäscht. Der Sprühvorhang hat eine kühlende Wirkung und lässt die Moleküle schon im Abscheider kondensieren und nicht erst im Abluftkanal.

Ein Sammel-Abluftkanal mit zentralem Luftreiniger.
Quelle: Rentschler Reven
Sammel-Abluftkanal mit zentralem Luftreiniger.

Diese Spraytechnik wurde den Gaswäschern in der chemischen Industrie entlehnt. Fallweise wird noch ein Agglomerator als Zwischenstufe eingesetzt. Das Verfahren bietet sich ferner bei extrem hohen KSS-Drücken an, weil auch dort keine Aerosole entstehen, sondern Moleküle abzufangen sind. Die gleiche Problematik stellt sich bei der Abluftreinigung von Härteöfen.

Ein weiterer Sonderfall ist die trockene Zerspanung, zum Beispiel die Guss- und Graphitbearbeitung ohne KSS. Dabei entstehen mitunter Feinstaub und Rauch im Nanobereich, nicht selten auch explosionsfähige Gemische. So erzeugt die Trockenzerspanung von Aluminium hohe Emissionswerte. Hier haben sich ebenfalls mehrstufige "X-Cyclone"-Abscheider bewährt.

Ratsam ist wiederum ein nachgeschaltetes Spraysystem. Ein Düsenstock besprüht dabei die Edelstahl-Abscheidelamellen mit Wasser und spült die pulverförmigen Zerspanungspartikel in einen Auffangbehälter. Der Einsatz von Wasser verhindert auch die mögliche Explosion zündfähiger Stäube.

Generell muss bei der Trockenbearbeitung mit höherer Absaugleistung gefahren werden als beispielsweise bei der Emulsionskühlung. Andernfalls setzen sich Feinstaubpartikel im Bearbeitungsraum, auf den Führungen und Antrieben, ab.

Zentral oder dezentral?

In größeren Fertigungsbetrieben mit vielen nebeneinander stehenden Bearbeitungszentren hat jede Maschine oft ihren eigenen Ölnebelabscheider. Diese Direktabsaugung spart Energie, weil nur die Abscheider der laufenden Maschinen in Betrieb sind. Störende Luftkanäle entfallen. Bei einer Neuanordnung oder Aufstellung zusätzlicher Maschinen muss kein Luftkanalnetz angepasst werden. Und bei Wartungsmaßnahmen an einer Maschine wird nicht der ganze Betrieb unterbrochen.

Drei Einzelabscheider in einer Halle.
Quelle: Rentschler Reven
Direktabsaugung mit Einzelabscheidern.

Alternativ zu dieser Stand-alone-Technik kommt die Gruppenabsaugung mit einem leistungsstarken Luftreiniger im Sammel-Abluftkanal infrage. Der zentrale Luftreiniger ist also über ein Kanalsystem mit mehreren Maschinen verbunden. Zu beachten ist, dass wasser- und nichtwassermischbare KSS mit getrennten Systemen abzusaugen sind. Auch für die Trockenbearbeitung ist ein separater Absaugstrang erforderlich.

Das Zentralsystem ist indes aus baulichen Gründen oft schwierig, weil Kranbahnen und Konsolkräne die Kanalführung schwierig machen. Je mehr Absaugstellen vorhanden sind, desto komplizierter ist auch die Justierung der Luftmengen. Nicht selten stellt sich in der Praxis heraus, dass die Schadstoffbelastung am Arbeitsplatz höher ist als bei der dezentralen Variante.

Ferner ist bei großen zentralen Anlagen für jede Maschine ein Vorabscheider unverzichtbar, weil sich sonst ölhaltiges Kondensat in den bis zu 200 m langen Abluftkanälen niederschlägt. Ohne Vorabscheidung auf der Maschine reichern sich in diesen Leitungen bis zu 1.000 (!) Liter Kondensat an. Szegfü warnt: "Das ist eine gefährliche Brandlast und macht im Brandfall den Abluftstrang zu einer Zündschnur, die das ganze Gebäude anstecken kann".

Ein Vorabscheider.
Quelle: Rentschler Reven
Der Vorabscheider verhindert die Verölung des Sammelkanals.

Feuerschutzklappen und eine Löschautomatik sollen diesen Effekt verhindern. Bei einer Verpuffung in der Maschine – beispielsweise durch einen Werkzeugbruch – können sie aber ein Durchzünden der Flamme in den Abluftkanal nicht sicher vermeiden, weil eine verfettete Feuerschutzklappe nicht dicht schließt. Dieses Problem ist vielen Planern gar nicht bewusst. Auch ist durch die Gewichtszunahme schon mancher verölte Abluftkanal kollabiert.

Bei der Vorabscheidung sollte der Planer darauf achten, dass die Abscheider flammendurchschlagssicher sind. Diese Eigenschaft wird durch ein entsprechendes DIN-Prüfzeichen nachgewiesen. Die Prüfung orientiert sich an der Euronorm DIN EN 16282. Diese Norm schreibt durchschlagssichere Aerosolabscheider für Großküchen vor, weil es dort immer wieder zu verheerenden Fettbränden im Abluftkanal kam. Sie gilt zunehmend auch Industrieausrüstern als Richtschnur für die Auswahl von Ölnebelabscheidern an Werkzeugmaschinen.

Last but not least ist zur Sammelabsaugung anzumerken: Bei großen Anlagen wird die ganze Abluftmenge aus dem Gebäude geblasen. Bei 20.000 oder 40.000 m3/h ist dann im Winter die gleiche Menge an Außenluft vorzuwärmen, ehe sie in das Gebäude strömt. Das ist teuer und erfordert eine aufwendige Wärmerückgewinnung.

Von Peter Göhringer
pg relations, Wissembourg
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