Zentraler Aspekt des "Building Information Modeling" (BIM) ist das durchgängige, gemeinschaftliche Planen und Arbeiten an bauteilorientierten, digitalen 3D-Modellen. Zum erfolgreichen Einsatz der Methode gehören konsistent angewandte Prozesse und Regeln zum Erstellen, Weitergeben, Nutzen und Verwalten von Bauwerksdaten. Dies ermöglicht ein optimiertes Arbeiten, bei dem sich unter anderem der wiederholte Import von Daten oder das Suchen nach Informationen vermeiden lassen.
Rahmenbedingungen für integrale Planungsmethoden
Dienstag, 04.09.2018
Bei der BIM-Methode arbeiten die verschiedenen Gewerke kooperativ zusammen, was ein hohes Maß an Strukturierung, Kommunikation und Koordinierung erfordert. Zusätzlich zu standardisierten Prozessen werden hersteller- und softwareunabhängige Regeln und Datenschnittstellen benötigt, die auch ein Einbinden in das "Internet der Dinge" zulassen. Hierfür sind verlässliche und offene Standards wichtig. Planungsbüros können so auch ihre internen Prozesse einheitlich für neue Auftraggeberanforderungen gestalten und müssen nicht für jedes neue Projekt andere proprietäre Vorgaben erfüllen. Normen, Standards und andere Hilfen, wie zum Beispiel Leitfäden, unterstützen sie dabei.
Welche Standards existieren und wer entwickelt sie?
Standardisierungen bilden die Voraussetzung für integrierte Prozesse sowie einen freien Austausch von Waren und Dienstleistungen. Dementsprechend ist der europäische Binnenmarkt in hohem Maße auf europäische Normen angewiesen. Unter der Prämisse der Globalisierung sollen weltweit gültige Standards formuliert werden. Dabei gibt es – sowohl für Prozesse als auch für Daten – schon eine Reihe von nationalen und internationalen Richtmaßen für BIM. Ihre Entwicklung ist aber noch lange nicht abgeschlossen.
Federführende Institution ist die "Internationale Organisation für Normung" (ISO), auf europäischer Ebene das "Europäische Komitee für Normung" (CEN; "Comité Européen de Normalisation"). Ansprechpartner in Deutschland ist das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN). Um die vorhandenen Interessen zusammenzuführen, hat es den Normenausschuss "Building Information Modeling", NA 005-01-39 AA, mit untergeordneten Arbeitskreisen gegründet. Die darin tätigen, nationalen Experten beschäftigen sich mit Strategie, Datenaustausch, BIM-Informationsmanagement und Datenstrukturen für BIM-Kataloge. Der DIN-Normenausschuss und seine Arbeitskreise entsprechen den Aktivitäten auf ISO- und CEN-Ebene: Sie sind die Spiegelgremien zu ISO/TC 59/SC 13 "Organisation von Informationen über die Durchführung von Hoch- und Tiefbauten" sowie des CEN/TC 442 "Building Information Modeling". Das DIN nimmt die internationalen und europäischen Normungsaktivitäten auf und vertritt dort auch die deutschen Interessen. Eine Übersicht zu aktuellen BIM-Normen zeigt Tabelle 1.
Wie weit ist das Verfahren zur Übertragung der ISO 19650 konkret?
Im Frühjahr 2017 wurde der Entwurf DIN EN ISO 19650 "Organisation von Daten zu Bauwerken – Informationsmanagement mit BIM", Teil 1 "Konzepte und Grundsätze" und Teil 2 "Lieferphase der Assets", veröffentlicht. Diesen hat beispielsweise die Bundesarchitektenkammer (BAK) in ihren Stellungnahmen abgelehnt. Wesentlicher Grund dafür war, dass ausschließlich die in Großbritannien üblichen Generalplaner- und Generalunternehmerstrukturen abgebildet waren, die nicht auf das kleinteilige, mittelständische Gefüge in Deutschland übertragbar sind. Im Normenausschuss des DIN wurde Teil 1 später angenommen. Teil 2 wurde mehrheitlich abgelehnt, so dass sich DIN und CEN erneut abstimmen mussten. Die Norm liegt nun abermals als Entwurf vor. Die Frist zur Stellungnahme lief am 23. April 2018 ab. Das heißt, dieser Entwurf wird entweder angenommen und veröffentlicht oder muss weiter bearbeitet werden.
Nationale Anforderungen, die ergänzend zur internationalen BIM-Standardisierung aufgenommen werden sollen, beschreibt die Richtlinienreihe 2552 "Building Information Modeling" des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). In seinem Koordinierungskreis BIM arbeiten rund 90 ehrenamtliche Experten eng mit dem für die Spiegelung der internationalen Norm zuständigen Normenausschuss des DIN zusammen, um Widersprüche in den jeweiligen Werken zu vermeiden. Die elf Blätter der nationalen BIM-Richtlinie reichen von der Definition von BIM unter verschiedenen Aspekten, über Begriffe, Datenaustausch und -management, Prozesse bis hin zu Spezialthemen wie Mengenermittlung und Facility Management (FM).
Die folgenden Teile der VDI 2552 wurden bereits erarbeitet:
- Blatt 2, Begriffe (Entwurf Juni 2018): Die einheitliche Verwendung von Begriffen – beim Beuth Verlag vorbestellbar.
- Blatt 3, Modellbasierte Mengenermittlung zur Kostenplanung, Terminplanung, Vergabe und Abrechnung (Weißdruck, Mai 2018)
- Blatt 5, Datenmanagement (Entwurf Oktober 2017): Vorgehensweisen zur Organisation, Strukturierung, Zusammenführung, Verteilung, Verwaltung und Archivierung von digitalen Daten. BIM wird dabei auch als Managementansatz zur integralen modellbasierten Projektabwicklung angesehen.
- Blatt 8.1, Qualifikationen – Basiskenntnisse (Entwurf, Dezember 2017): Qualitätssicherung von Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Leiter des VDI Koordinierungskreises BIM ist Prof. Dipl.-Ing. Rasso Steinmann vom Institut für angewandte Bauinformatik an der Hochschule München. Neben der VDI 2552 gibt es noch weitere VDI-Richtlinien, die Bezug auf BIM nehmen und fortgeschrieben oder entwickelt werden müssen:
- VDI 2553 – Lean Construction (Entwurf, Dezember 2017): Ansatz für eine wirtschaftlichere und kooperative Abwicklung von Bauprojekten – Adaption des anderweitig schon praktizierten Lean Managements auf das Bauwesen.
- VDI 3805 – Produktdatenaustausch in der Technischen Gebäudeausrüstung: Großteile werden derzeit überprüft, liegen als Entwurf oder als Projekt vor.
- VDI 6027 – Anforderungen an den Datenaustausch von CAD- Systemen: Beide Teile der Richtlinie werden derzeit kontrolliert.
- VDI 6201 – Softwaregestützte Tragwerksberechnung: Blatt 1 (Ausgabedatum Dezember 2015) gilt, Blatt 2 (Ausgabedatum Juni 2017) ist ein Entwurf.
Die Organisation buildingSMART e.V. unterstützt die Standardisierungsprozesse. Darüber hinaus bietet sie eine Zertifizierung an, die die korrekte Umsetzung der MVDs (Model View Definitions) aus der ISO 12006 in die Schnittstellen "Industry Foundation Classes" (IFC, ISO 16739) der BIM-Softwaresysteme prüft. Die Initiative der Bau- und Immobilienbranche planen-bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH koordiniert wiederum die Akteure auf nationaler Ebene und kümmert sich ebenfalls um eine Vertretung Deutschlands in den internationalen Gremien. Sie stellt mit Dr. Thomas Liebich den Obmann des interdisziplinären DIN-Ausschusses zu BIM und finanziert das von Deutschland übernommene Sekretariat des CEN/TC 442/WG 2 "Information Exchanges".
BIM-Leitfäden und praxistaugliches Arbeiten
In Deutschland soll der flächendeckende Einsatz von BIM vorangetrieben werden. Dafür hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) bereits 2013 einen BIM-Leitfaden herausgegeben. Er zeigt Anwendungsszenarien für Großprojekte und wie BIM in kleinen und mittleren Unternehmen und Projekten eingesetzt werden kann. Auch im VDI Handbuch über die Richtlinienreihe 2552 sind Grundlagen zum Aufbau, den Prozessen und der Integration von BIM erfasst.
Beim Einsatz von BIM sollte der Stufenplan "Digitales Planen und Bauen" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zu Grunde liegen. Er gilt zwar in erster Linie für Infrastrukturprojekte, kann aber auch in anderen Bereichen als Vorbild dienen. Hier ist zu Beginn vom Bauherrn die "Auftraggeber-Informations-Anforderung" (AIA) vorzulegen, bei der der Architekt beraten kann. Darauf aufbauend erstellt das Planungsteam den "BIM-Abwicklungs-Plan" (BAP). Da jedes Vorhaben individuelle Maßarbeit ist, sind beide projektspezifisch aufzusetzen und anzuwenden.
Dabei stellt die Vereinbarung von BIM-Leistungen besondere Anforderungen: Einerseits ist die Methode noch nicht im Markt etabliert, was eine detailliertere Beschreibung der Leistungsinhalte erforderlich macht. Andererseits können die angestrebten, kooperativen Prozesse nur mit einheitlich verabredeten, verbindlichen Standards für alle Projektbeteiligten erfolgen. Dafür müssen die etablierten Muster für Einzelvertragslösungen ergänzt werden: In rechtlicher Hinsicht, zum Beispiel durch "Besondere Vertragsbedingungen BIM" (BIM-BVB), technisch durch eine verbindliche AIA sowie einen individuellen BAP. Alle Dokumente sollten zu den Projektverträgen gehören, da sie in der Praxis die gemeinsame Arbeitsbasis bilden.
Generell übernimmt der Architekt nach wie vor die Planung, die Koordination und das Zusammenführen der spezifischen Teilplanungen. Die Fachplaner erstellen auf Basis des digitalen Architektenmodells ihre jeweiligen Modelle, für deren Inhalt sie auch weiterhin selbst verantwortlich sind. Die Planungstiefe orientiert sich dabei am jeweiligen Zweck und dem zu erzielenden Werkerfolg.
Neue Nutzungsarten des BIM-Modells sind ebenfalls vertraglich zu benennen: "Besondere Leistungen" müssen gegebenenfalls separat versichert werden – Grundleistungen sind durch die üblichen Berufshaftpflichtversicherungen abgedeckt.
Alle Leistungen können über die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) abgerechnet werden. Sie sieht methodenneutrale, funktional beschriebene Leistungserfolge vor. Hilfe bietet beispielsweise die BAK-Broschüre "BIM für Architekten – Leistungsbild, Vertrag, Vergütung" und der Leitfaden "BIM" der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Zu beachten ist stets: Grundleistungen nach HOAI sind für den allgemeinen Werkerfolg notwendig. Werden sie mit BIM erbracht, so sind auch sie im Rahmen der festgelegten Sätze zu vergüten.
Alle darüber hinausgehenden, zusätzlichen, BIM-spezifischen Leistungen können als "Besondere Leistungen" frei vereinbart, definiert und honoriert werden – zum Beispiel die digitale Mängelerfassung. Im Vertrag muss genau beschrieben sein, was im jeweiligen Einzelfall eine "Besondere Leistung" ist und in welcher Detailtiefe sie auszuführen ist. Wann sie zu erbringen ist, steht den Vertragspartnern grundsätzlich frei. Werden einzelne Leistungen gegenüber den Leistungsbildern der HOAI vorgezogen, sind sie auch vorgezogen zu bezahlen. Orientierung bieten dafür die im Markt etablierten Spiegelstrichlisten für die Bewertung von Teilleistungen.
Auch die Zugriffsrechte auf die BIM-Modelle, die Datenhoheit, Vertraulichkeit und der Datenschutz sind zu regeln: Ein BIM-Modell fällt grundsätzlich – ebenso wie eine herkömmliche Planung – unter den urheberrechtlichen Werkschutz. Die kooperative BIM-Methode kann zudem die Miturheberschaft stärken. Generell gilt: In Abstimmung mit dem Planungsteam legt jeder Teilnehmer die Zugriffsmöglichkeiten für sein (Teil-)Modell selbst fest. Die Fachmodelle und das Koordinationsmodell befinden sich auf einer gemeinsam genutzten Datenplattform, durch die der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes mit konsistenten Daten begleitet werden kann. So zeigen etwa automatische Kollisions- und Qualitätschecks frühzeitig (Planungs-)Mängel auf und optimieren so Ausführung und/oder Betrieb, was auch Haftungsfälle reduzieren kann.
Fazit und Vergaberecht
In Übereinstimmung mit der europäischen Vergabe-Richtlinie sieht die deutsche Vergabeverordnung vor, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Vergabe von Bauleistungen und für Wettbewerbe die Nutzung elektronischer Mittel für die Bauwerksdatenmodellierung verlangen kann. BIM-Leistungen können somit eingefordert und entsprechende BIM-bezogene Eignungs- und Zuschlagskriterien festgelegt werden – wobei das Gebot einer produktneutralen Ausschreibung zu beachten ist. Dies wird in der Regel dazu führen, dass öffentliche Projekte mit offenen BIM-Standards ("open BIM") realisiert werden.
BIM wird die Planung, den Bau und Betrieb von Gebäuden grundlegend verändern: Die verschiedenen Gewerke müssen im Sinne einer integralen Planung früher und enger kooperieren. Die modernen Formen der Zusammenarbeit können mit vorhandenen Mitteln rechtssicher eingegangen werden. Sie erfordern aber neue, objektorientierte Arbeits-, Denk- und Kommunikationsweisen. Gleichzeitig eröffnen das BIM-Management, die -Koordination und Service-Leistungen wie Visualisierungen neue Chancen und Geschäftsfelder.
Auf ihren Wegen in die Digitalisierung helfen den Beteiligten verschiedenste Institutionen. Dazu gehören unter anderem: "Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen", das sich seit November 2017 auf Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft in Deutschland konzentriert. Architekten und Planer finden online unter baunetzwissen.de Fachinformationen zu BIM. Mit dem "Global Center of Competence BIM" unterstützt die TÜV Süd AG ab 2018 den weltweiten Einsatz der Methode.
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