Wir leben in einer Welt, deren Wirtschaftssystem in einem epochalen Wandel begriffen ist: Eine neue Form des Wirtschaftens wird entstehen, weil technologische Umwälzungen die Grenzkosten vieler Produktionsprozesse auf nahezu Null reduzieren. Aufgrund ihrer Effizienz kosten Produkte und Dienstleistungen immer weniger. Eine Ökonomie des Überflusses löst das auf Knappheit gegründete Wirtschaftssystem ab.
Prosumer vs. Consumer
Energieautarkie nur mit Solartechnik
Donnerstag, 29.09.2016
Der Autor, Prof. Timo Leukefeld, setzt in Freiberg, Sachsen, eine Idee in die Tat um, die zeigt, wie sich die so genannte „Null-Grenzkosten-Gesellschaft“ im Zusammenhang mit Wohnen, Wärme, Strom und Mobilität über einen integral gedachten Ansatz darstellt: Die beiden energieautarken Häuser bauen dabei auf den kostenfreien und krisensicheren „Rohstoff Sonne“. So versorgen sie sich selbst mit Wärme und liefern den Strom für Haushalt und Mobilität. Energiespeicher ermöglichen es, eigenproduzierte Wärme und Strom antizyklisch, das heißt auch dann, wenn die Sonne gerade nicht scheint, zu nutzen.
Die neuen Gebäude spiegeln den Wandel der Zeit wider: Erneuerbare Energien stehen den Menschen kostenlos und nahezu unerschöpflich zur Verfügung. Im Gegensatz dazu verursachen fossile Brennstoffe oder Uran für Atomkraft bereits als Rohstoff Kosten. War ein Gebäude gestern noch ausschließlich Energieverbraucher, mit der Konsequenz, dass es Wärme und Strom von außerhalb benötigte, so deckt es heute seinen Energiebedarf selbst. Es erzeugt Energie, beispielsweise aus Sonnenlicht, speichert sie und erwirtschaftet bisweilen sogar Überschüsse. In der Energiewirtschaft macht die Solartechnik Kunden zu Produzenten – wenn das System dahinter als solches ganzheitlich geplant und vernetzt realisiert worden ist.
Ohne Solarthermie keine Energieautarkie
Die beiden Gebäude sind die ersten als Fertighaus konzipierten, energieautarken Häuser Europas. Dreh- und Angelpunkt für die Energieautarkie ist das Bau- und Heizkonzept eines so genannten Sonnenhauses. Sonnenwärme ist komplett und für längere Zeit speicherbar. Darauf baut das solarthermische Heizkonzept. Die Technologie zur Wärmespeicherung ist hoch entwickelt und mit ca. 20 Euro pro kWh Investition kostengünstig. Darüber hinaus bringt die solarthermische Kollektoranlage im Winter pro Quadratmeter einen drei- bis vierfach so hohen Ertrag wie Photovoltaik-Anlagen.
Sonnenwärme ist daher für den Eigenverbrauch an Heizung und Warmwasser äußerst effektiv und direkt nutzbar. Zudem sind Solarthermie-Anlagen effizient: Aus einer Kilowattstunde Strom, die bei diesem solaren Heizkonzept für Pumpen, Stellventil und Regler eingesetzt wird, werden bis zu 150 Kilowattstunden natürliche Sonnenwärme erzeugt. Im Gegensatz dazu liegt dieses Verhältnis bei dem Einsatz einer typischen und den Markt dominierenden Luft/Wasser-Wärmepumpe praktisch bei 1:3.
Ein 9 m³ fassender Langzeitwärmespeicher ist das Herzstück des energieautarken Hauses in Freiberg. Dieser lagert die über Kollektoren gewonnene Wärme über mehrere Wochen ein. Die Solarthermie-Anlage deckt hier 65 bis 70 Prozent des Jahreswärmebedarfs für Heizung und Warmwasser direkt aus der Sonne – ohne vorherige Umwandlung in Strom. In den sonnenärmsten Monaten liefert ein Kaminofen mit Hilfe von etwa zwei bis drei Festmeter Stückholz pro Jahr die restliche Wärme. Die Kosten dafür liegen derzeit bei maximal 250 Euro pro Jahr.
Rohstoffe - zu kostbar zum Verheizen
Strom aus dem Netz ist im Winter zu teuer zum Verheizen. Aus diesem Grund wird bei dem gesamten Gebäudekonzept konsequent darauf verzichtet, wertvollen Strom in Wärme zu verwandeln. Vielmehr wird Sonnenwärme direkt über die solarthermische Anlage genutzt. So bleibt der Bedarf an Strom in den energieautarken Häusern über das Jahr hin annähernd gleich und ist mit etwa 5,5 kWh/d selbst im Winter sehr gering. Insgesamt ist es gelungen, den Verbrauch von Elektroenergie für die fünfköpfige Familie ohne jede Einschränkung von rund 5.000 kWh auf 2.000 kWh zu senken.
Um dies zu erreichen, nutzen zudem die Haushaltsgeräte wie Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler die Wärme der solarthermischen Anlage. Allein dies führt bei diesen Geräten zu Stromeinsparungen von bis zu 80 Prozent.
Darüber hinaus reduzieren die Vermeidung von stand-by-Verbrauch einzelner Geräte, der Einsatz eines hydraulischen Pumpsystems mit geringsten Widerständen im Heiz- und Solarkreislauf sowie ein stromsparendes Lichtkonzept ebenfalls den Stromverbrauch.
Weiterführende Informationen: http://www.timoleukefeld.de/
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