Nahezu jedes Bauprojekt generiert eine Art Prototyp, der zu mindestens in Europa in einem mehr oder weniger komplexen städtebaulichen Zusammenhang errichtet wird. Und es ist auch nicht abzusehen, dass sich das in absehbarer Zukunft ändert. Nicht auf der grünen Wiese werden die Bauaufgaben der Zukunft gelöst, sondern im städtebaulichen Kontext und im Gebäudebestand. Hier schließt sich das zweite Argument an: Die postmodernen Gesellschaften erzeugen einen hohen Grad an Individualisierung, der sich letztlich auch in einem Funktions- und Formenpluralismus der Architektur widerspiegeln möchte. Wohl niemand wünscht sich eine standardisierte Baukultur der 1970er-Jahre zurück, die derzeit in vielen europäischen Städten flächendeckend abgerissen und überplant wird.
Der Mensch im Mittelpunkt
Während also ein effizienter Gebäudebetrieb auf Basis intelligenter Technologien mit standardisierten Funktionsclustern korrespondiert, ergeben sich in Komfortfragen überaus komplexe Gestaltungsspielräume. Diese müssen auf Basis einer detaillierten Projektanalyse in ein technisches Gesamtkonzept eingebettet werden und bilden somit den integralen Bestandteil des Designs eines intelligenten Gebäudes. Intelligente Technologien erzeugen, ähnlich wie das menschliche Nervensystem, für sich selbst gesehen zunächst keinen wahrnehmbaren Nutzen. Erst im übergeordneten Zusammenspiel der unterschiedlichen Gewerke werden das Ziel und der Nutzen eines jeden einzelnen technischen Systems optimiert: Ziel und Inhalt aller Überlegungen muss dabei der Mensch sein – die Planung dafür aber unbedingt den ganzheitlichen, den integralen Ansatz haben.
In nahezu allen anderen Branchen steht gerade die Frage der Bedienphilosophie moderner Technologien im Zentrum einer integralen Gestaltungsarbeit von Designern und Ingenieuren. In der Baubranche hingegen wird ausgerechnet die Frage der Bedienlogik nicht selten gestaltungs- und planungsfremden Technologen oder gar Nerds überlassen – mit den entsprechenden Ergebnissen. Gerade hier braucht es also zunächst nicht ein mehr oder weniger verkürztes Verständnis intelligenter Technologien in Form eines handwerklichen Know-hows, sondern vielmehr ein großes Maß an gestalterischer und planender Intelligenz, die dem Know-how ein Know-what vorrausschickt.
In einem Interview Anfang 2015 charakterisiert der Technologiechef von Siemens, Siegfried Russwurm, den technischen Wandel der letzten 150 Jahre in einer aufsteigenden Reihenfolge: „Elektrifizierung. Automatisierung. Digitalisierung.“ Es ist schwer vorstellbar, dass diese Entwicklungen die Baubranche im 21. Jahrhundert nicht nachhaltig beeinflussen und verändern werden. Eines scheint jedenfalls klar: Der Elektriker alleine wird die Sache nicht richten können, genauso wenig wie der Schlosser die Stahl- und Glasarchitektur im 20. Jahrhundert.