Risiken für die lokale Umwelt
Das Kapitel ENV1.2 aus dem DGNB-Kriterienkatalog beschreibt ferner das Kriterium „Risiken für die lokale Umwelt“, welches mit 5,2 Prozent in das Gesamtergebnis einfließt. „Ziel ist es, alle gefährdenden oder schädigenden Werkstoffe, (Bau-)Produkte sowie Zubereitungen, die Mensch, Flora und Fauna beeinträchtigen bzw. kurz-, mittel- und/oder langfristig schädigen können, zu reduzieren, zu vermeiden oder zu substituieren.“ [1]
1. Giftigkeit von Produkten:
Deshalb hinterfragt die DGNB alle Materialien und Stoffgruppen kritisch. Aufgrund der konkreten Mindestanforderungen für die angestrebte Gebäudeauszeichnung können schon wenige als giftig geltende Produkte, etwa Dichtungsmittel wie Silikon, die gesamte Zertifizierung gefährden. Eine engmaschige Kontrolle seitens der Planer und der Bauleitung stellt die Einhaltung der Vorgaben – von der Ausschreibung bis zur Baustellenkontrolle – sicher. Aufgrund der stabilen metallischen Legierungen und hochwertigen Beschichtungen bei Gussrohrsystemen geht von ihnen beispielsweise keine Gefahr aus, schädliche Substanzen an ihre Umgebung abzugeben.
2. Belastungen der Raumluft:
Neben der allgemeinen Giftigkeit von Produkten legt die DGNB großen Wert auf den Verzicht auf „Volatile Organic Compounds“ (VOC). Dies sind flüchtige organische Verbindungen, die bei Raumtemperatur leicht verdampfen und aus unterschiedlichen Quellen stammen können. Eine etwaige Belastung der Raumluft wird vor Inbetriebnahme über Messungen geprüft und entscheidet über die erfolgreiche Zertifizierung. Deshalb gilt es, besonders bei Farben, Lacken, Klebstoffen und Dichtungsmaterialien, die auf der Baustelle verarbeitet werden, deren Potential für VOC zu prüfen. Da selbst gängigste Baumaterialien ausdünsten können, müssen die VOC-Grenzwerte für jedes einzelne Produkt bestimmt werden.
Von Gussrohren geht in Bezug auf VOC ebenfalls keine Gefahr aus. Auch wenn im Fertigungsprozess solche Verbindungen durchaus im Spiel sind, etwa bei Lösemitteln für die Beschichtungen, werden diese in europäischen Fertigungsstandorten fachgerecht und gesetzeskonform ausgefiltert. Zum Zeitpunkt der Auslieferung sind die Beschichtungen komplett ausgehärtet und geben keine relevanten VOC mehr ab.
3. Besorgniserregende chemische Eigenschaften:
Neben den flüchtigen organischen Verbindungen in der Raumluft legt die DGNB zudem ein besonderes Augenmerk auf „Substances of Very High Concern“ (SVHC). Gemeint sind Stoffe, die wegen ihrer besonders besorgniserregen-den Eigenschaften schwerwiegende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben können. Die Bezeichnung stammt aus der Europäischen Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals). Finden sich SVHC-Stoffe in mehr als 0,1-prozentiger Konzentration in Baumaterialien wieder, ist dies innerhalb von Europa von den entsprechenden Lieferanten zu deklarieren. Für das Material Guss trifft diese Gefahr nicht zu, wie der „DGNB-Navigator“ es Planern und Auditoren transparent darstellt.
Auf der sicheren Seite sind Anwender auf der Suche nach geeigneten Materialien ohnehin immer dann, wenn diese das „DGNB-Navigator“-Label tragen. Damit wissen sie, dass im „DGNB-Navigator“ alle benötigten Informationen transparent hinterlegt sind. Dies vereinfacht die Produktwahl insofern, als dass im Rahmen von DGNB-Projekten die Informationen für ENV1.1 und ENV1.2 im Allgemeinen schon in der Angebotsphase mitgeliefert werden müssen. Eine spätere Änderung des Fabrikats kann zu Problemen führen, wenn die DGNB-relevanten Produkteigenschaften vom vorgesehenen Fabrikat abweichen oder nicht entsprechend nachgewiesen werden können.
Zirkuläres Bauen wird belohnt
Das Thema Wiederverwendbarkeit von Materialien am Produktlebensende und die Verwendung recycelter Stoffe ziehen sich wie ein roter Faden durch den gesamten DGNB-Zertifizierungsprozess. Bereits im Kriterienkatalog „Gebäude Neubau“ von 2018 legte die DGNB großen Wert auf das Thema Rückbau und Recyclingfreundlichkeit. Der Kriterienkatalog 2023 führt dies konsequent fort und verlagert den Fokus darauf, möglichst bereits recycelte Produkte einzusetzen: Es geht um „[…] Lösungen, die es erlauben, bereits geschaffene Werte möglichst ohne Einbußen wiederverwendbar zu machen, […] eine Strategie zur Steigerung der aktuellen Materialeffektivität: für eine so gut wie verlustfreie Kreislaufführung von Stoffen“. [2]