Mit einer millionenschweren, durch Bund und Land geförderten Investition in ein neues Laborgebäude wurden entscheidende Weichen gestellt.
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Zielkonflikte bei hochkomplexem Neubau
Freitag, 05.08.2022
Der Neubau dieses weltweit anerkannten Kompetenzzentrums zur Gewinnung von Solarstrom bietet ein Maximum an Flexibilität. Dadurch kann die Forschungseinrichtung über die angestrebte Nutzungsdauer von etwa 50 Jahren hinweg immer wieder schnell und wirtschaftlich den Entwicklungen der Technik folgend neu ausgestattet werden.
Ermöglicht wurde diese langfristig abgesicherte Anpassungsfähigkeit durch eine integrale Planung, die deutlich über die an sich schon anspruchsvollen Funktionalitäten der Technischen Gebäudeausrüstung einer Laboreinrichtung hinausging. In einem mehrstufigen Iterationsprozess flossen so beispielsweise schon in der frühen Entwurfsphase entscheidende Standortfaktoren oder architektonische Notwendigkeiten des Baukörpers genauso in die Auslegung der TGA mit ein wie die definierten Laborabläufe und -Funktionalitäten, die seitens der Fraunhofer-Forscher im Sinne einer variablen Flächennutzung für den Neubau definiert waren. Frank Ganter, Geschäftsführer der ausführenden Planungsgesellschaft Rehatec (Riegel): „Der Laborneubau des Fraunhofer ISE ist dadurch fast schon ein Musterbeispiel für das Bauen in der Zukunft. Denn die immer komplexer werdenden Anforderungen an Zweckbauten werden wir perspektivisch nur über eine enge Kollaboration aller Projektbeteiligten wirtschaftlich und betriebs-sicher erfüllen können. Das bislang übliche serielle Bauen mit definierten Schnitt- und Übergabestellen gehört damit endgültig der Vergangenheit an.“
Vor allem, weil vor dem Hintergrund eines gewandelten gesellschaftlichen Bewusstseins künftig jeder Neubau nicht nur funktionale und ökonomische Anforderungen erfüllen, sondern genauso ökologisch überzeugen müsse, damit der dafür notwendige Verbrauch an Fläche und (grauer) Energie akzeptiert werde, so Ganter weiter: „Neben den ‚hard facts‘ haben wir es beim Bauen von morgen also zusätzlich mit ,weichen‘ Messgrößen zu tun, die das Lastenheft nochmals erweitern.“
Standortanalyse
Beim Neubau des Fraunhofer Laborgebäudes in Freiburg, das ab Anfang 2015 projektiert und Mitte 2021 eingeweiht wurde, ergab sich diese vielschichtige Gemengelage allein schon aus der Geografie des Standorts: Das lang und schmal geschnittene Baugrundstück mit rund 2.000 m² Fläche wird an zwei Seiten von Hauptverkehrsachsen mit Auto-, S-Bahn- und Straßenbahnverkehr gerahmt. Bei der Auslegung stellten also neben der eigenwilligen Kubatur des Baukörpers die permanent zu erwartenden Schwingungen durch Fahrzeuge generell sowie die elektromagnetischen Einflüsse durch den Schienenverkehr eine zentrale Herausforderung dar. „Der Standort war für ein komplexes Techniklabor durchaus herausfordernd“, räumt Dr. Martin Hermle, Leiter der Abteilung Vorentwicklung höchsteffiziente Silicium-Solarzellen, ein, „aber die Nähe zu unseren bestehenden Forschungseinrichtungen, zum ,Campus Fraunhofer ISE‘ sowie die Tatsache, dass die Fläche zur Verfügung stand, war letztlich entscheidend, doch hier zu bauen.“
Womit gleichzeitig schon an dieser Stelle eine maßgebliche Querverbindung zwischen den Rehatec-Fachplanern, Bauphysikern und dem originär vorgeschalteten „Gewerk Architektur“ zu knüpfen war, denn zur Schwingungsentkopplung und zum Schutz vor elektromagnetischen Einflüssen spielt die Gebäudehülle eine zentrale Rolle – und kann beispielsweise über die Masse oder weitere bauliche Details schon entscheidend zur Lösung beitragen, um so sonst notwendige, aufwändige Nachbesserungen durch Schwingungsdämpfer oder Abschirmungen in der Anlagentechnik überflüssig zu machen.
„Eine solche Abstimmung wird bei anspruchsvollen Gewerbeobjekten in Zukunft zum Standard. Insbesondere, wenn wie hier als Nachverdichtung im Bestand, in direkter Nachbarschaft zu einem Wohnquartier, gebaut wird“, so Frank Ganter.
Weiterführende Informationen: https://www.ise.fraunhofer.de/
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