Funktionale Leistungszielvorgaben oder detaillierte Workflow-Vorgaben
Eine Abwägungsentscheidung aus Sicht des Bauherrn ist es, ob er den BIM-Planungsbeteiligten auftraggeberseits Vorgaben über den umzusetzenden Planungsprozess im Detail macht oder ob er sich aus dem Zusammenarbeitsprozess weitgehend heraushält.
In BIM-Projekten ist es weit verbreitet, dass der Bauherr den Planern im Sinne der vorbeschriebenen Variante 2 detaillierte Vorgaben über die modellbasierte Zusammenarbeit im Projekt in Form eines BAP macht. In einem solchen BAP sind üblicherweise neben einer Beschreibung der BIM-Ziele und BIM-Anwendungsfälle eine Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten, technischen Modellierungsvorgaben, Vorgaben zur Hard- und Software auch eine dezidierte Beschreibung des BIM-Workflow enthalten. Typische BIM-Prozesse sehen z.B. wöchentliche oder 14-tägliche Kollisionskontrollbesprechungen vor und definieren Wochentage, zu denen Modellstände auf eine Projektplattform hochgeladen werden müssen.
Aus Sicht des Bauherrn hat die Vorgabe eines detaillierten BIM-Workflow den Vorteil, dass der Bauherr seine Vorstellungen der Umsetzung eines BIM-Planungsprozesses bestmöglich vertraglich sicherstellen kann. Ob der gewünschte BIM-Planungsprozess von den Planungsbeteiligten gelebt wird, lässt sich leicht prüfen, wenn dezidierte Zusammenarbeitspflichten vorgegeben sind und diese dann nicht eingehalten werden.
Der vorgegebene BIM-Workflow kann Schritte des Qualitätsmanagements beinhalten und einen erheblichen Beitrag dazu leisten, die Planungsqualität zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen. Entsprechende Detailvorgaben sind z.B. dann sinnvoll, wenn der Bauherr selbst BIM-erfahren ist und sich über ein eigenes BIM-Management stark in den Planungsprozess einbringt. Den Planungsbeteiligten werden dann Aufgaben der Planung bauherrenseits aus der Hand genommen, um die Wunschvorstellungen des Bauherrn optimal umzusetzen.
Der Nachteil einer detaillierten Vorgabe von Arbeitsschritten ist, dass hierdurch Nachtragsrisiken für den Bauherrn entstehen können. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass, wenn im Rahmen eines BAP präziser als bisher geregelt ist, wann genau welcher Planungsbeteiligte welche Planungsergebnisse zu liefern hat und auf welchen Planungsergebnissen er aufbauen kann, liegt darin nicht nur eine Präzisierung der Leistungspflichten des einzelnen Planers, sondern auch – aus der Perspektive des Planers – eine Präzisierung der Mitwirkungspflichten des Bauherrn, wann der Planungsbeteiligte die für seine eigenen Leistungen erforderlichen planerischen Vorleistungen (erbracht durch die anderen Planungsbeteiligten als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn) erwarten darf.
Ähnlich wie bei einem gestörten Bauablauf kann der Planer eine Behinderung anzeigen, wenn die detaillierte BAP-Taktung aufgrund von Störungen durch den Bauherrn selbst oder andere Planer aus dem Takt gerät. Die Behinderungsanzeige ist ein aus Planersicht zu berücksichtigendes Instrument, um eigene Vertragstermine und Vertragsstrafen auszuhebeln. Gleichzeitig sieht sich der die Störung des Planungsprozesses hervorrufende Planer einem gesteigerten Haftungsrisiko ausgesetzt, wenn durch den Verzug durch die eigenen Leistungen der BIM-Planungsprozess insgesamt ins Stocken gerät.1
Schlussbemerkungen
Dieser Beitrag beschränkte sich auf sehr grundlegende Fragen der rechtssicheren Gestaltung von Planerverträgen mit BIM. Darüber hinaus sollte vor Beauftragung geprüft werden, welche Auswirkungen Veränderungen der Art und Weise der Zusammenarbeit auf Fragen etwa der Haftung und Vergütung nach HOAI haben. Vertiefend wird auf den Beitrag des Autors in v. Treek et al., Gebäude. Technik. Digital., 2016, verwiesen.
1 Näheres bei Bodden, in: Eschenbruch/Leupertz, BIM und Recht, 162, 169.