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Der Mehrwert einer intelligent vernetzten Beleuchtung

Interview mit Dr. Thomas Knoop, Executive Vice President, Zumtobel Group Services

Dienstag, 10.10.2017

Das Internet der Dinge (Internet of Things - IoT) breitet sich immer mehr aus. Viele Geräte im Raum wie Thermostate oder Rauch- und Präsenzmelder sind bereits smart und vernetzt - nur nicht unbedingt miteinander. Was jetzt noch fehlt, damit das Internet der Dinge sein volles Potenzial entfalten kann, ist eine Vereinheitlichung, eine zugrundeliegende Infrastruktur. Die Lösung: Licht als Versorgungsnetz für das IoT. Die Zumtobel Group, immer schon eine feste Größe in der Lichtbranche, bietet hier ganz praktisch Lösungen. Wir sprachen mit Dr. Thomas Knoop, Executive Vice President, Zumtobel Group Services über Möglichkeiten und Perspektiven einer intelligent vernetzten Beleuchtung.

Portraitfoto von Thomas Knoop, Executive Vice President, ZGS.
Quelle: Zumtobel Group Services
Thomas Knoop, Executive Vice President, ZGS.

Sehr geehrter Herr Dr. Knoop, welche Bedeutung hat das "Internet der Dinge" für die Lichtbranche?

Unserer Meinung nach spielt Licht für das "Internet der Dinge" eine grundlegende Rolle. Mit Hilfe der Beleuchtung in Gebäuden und auf Straßen wird das Internet der Dinge erst seine komplette Wirksamkeit erreichen.

Der Wettbewerbsvorteil der Lichtbranche gegenüber anderen Branchen im Rennen um die IoT-Pole-Position liegt den folgenden Tatsachen zugrunde: Überall, wo Menschen sind, gibt es auch künstliches Licht. Und wo Beleuchtung ist, gibt es bereits elektrische Energie und meist auch ein Datennetzwerk, das heute schon für das Lichtmanagement genutzt wird. Dieses Netzwerk ist problemlos um neue Funktionen erweiterbar.

Denn am Ende geht es beim Internet der Dinge darum, Daten zu erfassen und für eine Auswertung an einer zentralen Stelle zu sammeln, so dass ein neuer Kundennutzen entsteht. Die Lichtinfrastruktur ist dafür optimal geeignet. So gesehen geht das Internet der Dinge mit vielen neuen Chancen und Möglichkeiten für die Lichtbranche einher und die Zumtobel Group ist mit der neuen Marke Zumtobel Group Services (ZGS) einmal mehr für das Internet der Dinge gut aufgestellt.

Warum bietet es sich an, die Licht-Infrastruktur als Treiber für das Internet der Dinge zu verwenden?

Um den Vorteil der Licht-Infrastruktur zu verstehen, muss man in Gebäuden nur an die Decke schauen: Die meisten Punkte an der Decke mit Strom- und Datenanschluss sind in der Regel die Leuchten. Die Sensoren, die Augen und Ohren des Internets der Dinge, können einfach in Leuchten integriert werden. Mit diesen Sensoren und vernetzten Lichtmanagementsystemen lassen sich Unmengen an Daten erheben, die für ganz neue Anwendungen genutzt werden können.

Auf Basis dieser Infrastruktur etablieren wir daher aktuell neue daten-basierte Services, die zum Teil weit über die eigentliche Beleuchtung hinausgehen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielseitig: Die im Steuerungssystem generierten Daten verwandeln sich über eine cloud-basierte Datenvisualisierung (Dashboard) in relevante Informationen.

So generiert Licht als intelligent vernetztes System einen Mehrwert für Gebäudebetreiber und trägt dazu bei, Prozesse und Abläufe in Gebäuden sichtbar zu machen, zum Beispiel weitreichende Erkenntnisse über den aktuellen technischen Zustand des Gebäudes, den vergangenen und aktuellen Energieverbrauch der Lichtanalage, aber eben auch die Auslastung und Nutzungsart von Räumen oder Arbeitsplätzen. Beleuchtungssysteme bieten damit die ideale Basis, um Daten in Echtzeit zu analysieren und daraus für den Kunden wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen.

Welche Einsatzszenarien sind möglich?

Es liegt nahe, mit den bestehenden Sensoren in der Decke zu beginnen – den Präsenzmeldern. Diese werden bisher zum Energiesparen genutzt, das heißt das Licht geht aus, wenn niemand mehr im Raum ist.

Wenn man die Präsenzinformation aber statistisch auswertet, erhält man wertvolle Informationen zur Flächennutzung. Denn gerade in Großstädten ist Raum Mangelware und viele Unternehmen kämpfen in ihren Gebäuden mit Platzproblemen. Ob tatsächlich weitere Flächen erforderlich sind oder ob die vorhandenen Ressourcen besser genutzt werden können, kann Zumtobel Group Services mit seinem "Space Management" beantworten.

In einem Dashboard, einem digitalen Armaturenbrett, visualisiert ZGS dem Gebäudemanager auf Basis der vorhandenen und systematisch aufgezeichneten Daten aus dem Beleuchtungssystem die Raum-Auslastung in Echtzeit. Da die Sensoren keinen Rückschluss auf die Personen zulassen, ist die Nutzung auch aus Datenschutzgesichtspunkten unkritisch.

Eine weitere datenbasierte Dienstleistung, die wir unseren Kunden aktuell schon anbieten, ist die Fernsystemanalyse (Remote Monitoring), mit der Gebäudemanager das gesamte System, so zum Beispiel den Energieverbrauch des Beleuchtungssystems oder aber die maximalen und tatsächlichen Brennstunden von Leuchten, proaktiv überwachen können. Auf Basis dieser Daten kann beispielsweise der wahrscheinliche Ausfall einer Leuchte prognostiziert werden.

Welchen Nutzen bringt dies für Bewohner eines Gebäudes sowie für den Betreiber in Sachen Energieeffizienz und ggf. darüber hinaus?

Der Mehrwert und die Kosteneinsparungen, die durch ein optimales Raummanagement entstehen, liegen auf der Hand: Via "Space Management" lässt sich analysieren, wie häufig Räume genutzt werden und zu welchen Zwecken. Geht das Konzept von flexiblen Arbeitsplätzen auf? Gibt es in der Tat zu wenige Besprechungsräume, wie die Belegschaft das angibt? Werden neue Bürokonzepte, wie Break-Out-Räume und Telefonboxen wirklich angenommen?

Das wiederum lässt neben der Einsparung von elektrischer Energie neue Schlüsse für eine effizientere Raumplanung zu: Selten genutzte Konferenzzimmer können in freien Zeiten als Büroflächen zur Verfügung gestellt werden. Große Meetingräume, in denen meist nur wenige Personen sitzen, können ggf. auch neu strukturiert werden. Ein weiterer beispielhafter Vorteil von Raummanagement ist der verstärkte Einsatz von Reinigungskräften an viel genutzten Orten. Im Gegenzug reduziert sich der Reinigungsaufwand bei wenig oder nicht genutzten Räumen drastisch.

Das "Remote Monitoring" ermöglicht die optimale Organisation eines vorbeugenden Serviceeinsatzes. Aufwendige Wartungsarbeiten gehören somit der Vergangenheit an, da mit der Fernsystemanalyse der einwandfreie Betrieb der Anlage durchgehend gewährleistet ist.

Welche Lösungen bietet Zumtobel Group Services für diejenigen an, die ein Licht-Infrastruktursystem auch für mehr nutzen wollen (z.B. was die präsenzabhängige Steuerung der Lüftung, Jalousien oder der Heizung angeht)?

Wir bieten unsere Lösungen auf Basis unseres modularen LITECOM Systems an, dass die Lichtwelt mit der IT-Infrastruktur, also dem Computernetzwerk, verbindet. LITECOM ist ein zeitgemäßes Lichtsteuerungssystem mit allen Funktionen, um Energie zu sparen, personalisierte und automatisierte Lichtstimmungen aufzurufen und den Nutzerkomfort zum Beispiel über eine Smartphone-Bedienung zu erhöhen.

Die Grafik beschreibt das neue Service-Angebot von Zumtobel Group Services.
Quelle: Zumtobel Group Services
Licht steuern, Daten sammeln und analysieren: Das neue Service-Angebot von Zumtobel Group Services.

Gleichzeitig stellt es das Netzwerk dar, um verschiedene Sensoren zu integrieren und deren Werte wie Energieverbrauch oder Flächenbelegung in einer web-basierten Nutzeroberfläche abzubilden. Auf Basis unserer Infrastruktur im Gebäude können wir also eine Vielzahl von Informationen sammeln und damit für den Kunden einen zusätzlichen Mehrwert schaffen.

Selbstverständlich verfügt LITECOM auch über Schnittstellen zu anderen Gewerken wie der Klimatisierung, so dass die gewonnenen Daten auch gewerke-übergreifend für andere Automatisierungsfunktionen genutzt werden können. Dies ist auch empfehlenswert: Denn je mehr Gebäudebereiche miteinander verknüpft und auf Basis der gewonnenen Daten automatisiert werden, umso höher ist der Return-on-Investment.

Wie unterstützt Zumtobel Group Services Fachplaner und Bauherren bei der Auslegung des Lichtsystems?

In den vergangenen Jahren ist die Komplexität von Beleuchtungsanlagen sowie das Zusammenspiel verschiedenster Gewerke mit der Lichtinfrastruktur stark gewachsen. Grund dafür ist der schnelle, technologische Wandel. Genau deshalb haben wir mit ZGS ein umfassendes Dienstleistungsangebot erstellt, um die Fachplaner und Bauherren optimal unterstützen zu können. So bieten wir z.B. Instandhaltungs- und Wartungsverträge für jede Projektgröße an.

Mit dem Technical & Maintenance Services-Team stellen wir unseren Kunden dafür weltweit erfahrene Techniker vor Ort zur Verfügung. Die technischen Experten helfen – je nach Größe des Unternehmens – entweder den Facility Managern oder der Geschäftsleitung in den lichttechnischen Belangen des Objekts und behalten dabei stets alle normativen Vorgaben und Anforderungen des Kunden im Blick.

Die technischen Service-Leistungen und Wartungsdienste sind skalierbar und reichen von Inbetriebnahmen, Schulungen und erweiterten Produkt-Garantien bis hin zur vollständigen Lebenszyklusverwaltung von Beleuchtungssystemen.

Was versprechen Sie sich von diesem neuen Einsatzgebiet für die Zumtobel Group?

Mit der Bündelung unseres Dienstleistungsangebotes unter dem Dach der Zumtobel Group Services sind wir einen weiteren konsequenten Schritt hin zur Neuausrichtung der Gruppe gegangen. Wir stellen uns damit auch optimal für die Zukunft auf, in der das Internet der Dinge allgegenwärtig sein wird und Dienstleistungen eine immer höhere Bedeutung erlangen.

Das ist nicht nur ein Meilenstein für die Zumtobel Group, sondern bietet unseren Kunden einen großen Mehrwert: Mit ZGS stellen wir eines der umfassendsten, integrierten Service-Angebote der gesamten Licht-Branche zur Verfügung und entwickeln uns damit weiter – hin zu einem innovativen und software-orientierten Service-Anbieter.

Mit den datenbasierten Services sind wir für unsere Kunden nicht nur ein verlässlicher Partner für Beleuchtungslösungen, sondern bieten ihnen einen hohen Zusatznutzen auf Basis der Lichtinfrastruktur. Zudem sind wir dadurch nun schon früher in die Projekte mit eingebunden, da der Kunde über den Nutzen einer licht-basierten IoT-Lösung rechtzeitig nachdenken muss. Auch während des Betriebs sind wir enger mit dem Gebäudenutzer vernetzt.

Ein beleuchtetes Gebäude von außen.
Quelle: Zumtobel Group Services
Zumtobel Group Services und Großbritanniens größte Immobilien-Investmentgesellschaft Land Securities testen gemeinsam die Vorzüge von vernetztem Licht mit datenbasierten Software-Diensten.

Drei nebeneinander liegende Büroräume von außen.
Quelle: Zumtobel Group Services

Wagen Sie eine Prognose: Wie sehen Sie die Entwicklung des "Internet des Lichts" in 10 Jahren?

In zehn Jahren werden Leuchten im Innen- und Außenraum den Großteil der Informationen für das Internet der Dinge über integrierte Sensoren liefern. Beleuchtungsunternehmen werden dadurch gleichzeitig zu IT-, Software- und Dienstleistungsunternehmen, deren Bedeutung in der Entscheidungsfindung für die richtige Infrastruktur im Innenraum und im öffentlichen Außenraum stark gestiegen ist. Denn auch in der Straßenbeleuchtung ist die Leuchte der ideale Platz für die Sensorik.

Allerdings wird nicht jedes Unternehmen der Lichtindustrie diesen Weg mitgehen können, da es eine gewisse kritische Größe erfordert, um in diese neuen Technologien zu investieren und die entsprechende Service-Infrastruktur aufzubauen.

Von Jennifer Pakosch
Online-Redakteurin, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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