BIM

Wie digitale Tools das Bauen von morgen verändern

Die Digitalisierung beim Gebäudebau schreitet weiter voran

Donnerstag, 03.08.2023

Die Bundesregierung hat angekündigt, verstärkt die umfassende Digitalisierung von Bauanträgen sowie der Bauplanung zu fördern.

Quelle: KHR Architecture

Aber mit der Planung sind die Grenzen der digitalen Möglichkeiten für die Bau- und Wohnungswirtschaft noch lange nicht ausgeschöpft. Digitale Zwillinge von Gebäuden helfen beispielsweise dabei, den gesamten Gebäudelebenszyklus zu optimieren. So können Gebäude effizienter geplant, gebaut, verwaltet und zurück gebaut beziehungsweise umgebaut werden. Dabei wird nicht nur Zeit eingespart, auch der Ressourceneinsatz wird mittels bedarfsgerechter und integrierter Planung effizienter. Das trägt auch zu einer verbesserten CO2-Bilanz der Baubranche bei. Die Basis dafür bildet die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Die Baubranche steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen: Gebäude müssen effizienter und umweltschonender werden. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor um 65 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Das fordert die Novelle des Klimaschutzgesetzes vom 31. August 2021. Der Bausektor war im Jahr 2021 immerhin für rund 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, der Bauprozess selbst für elf Prozent.

Allein in Deutschland muss der Primärenergieverbrauch bei 20 Millionen Wohngebäuden in den kommenden Jahren massiv reduziert werden. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Kostendrucks in der Bauindustrie bei gleichzeitig akutem Fachkräftemangel wird die Digitalisierung zu einer zwingenden Voraussetzung, um die Klimaziele auf wirtschaftliche Weise zu erfüllen.

Mit intelligenten Planungstools, die weit über die Visualisierung hinausgehen, sowie KI- und Machine-Learning-Applikationen lässt sich der Baulebenszyklus nachhaltiger gestalten und es können von Grund auf nachhaltige Gebäude konzipiert werden. Eine derart vernetzte Bauindustrie ist jedoch auf eine solide gemeinsame Datenbasis angewiesen. Die Basis hierfür bildet der Open-BIM-Ansatz für die interdisziplinäre digitale Kollaboration in der AEC/O-Branche, wie ihn etwa Nemetschek fördert und mit seinen Softwarelösungen unterstützt.

Durch den offenen BIM-Datenstandard können unterschiedliche Stakeholder entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Bau- und Infrastrukturprojekten projektbezogene Daten in einem neutralen, vertraglich geregelten Format im- und exportieren, weiterverarbeiten und teilen. Statt Silos entstehen so Synergien zwischen den einzelnen Gewerken und der gesamte Gebäudelebenszyklus kann von Anfang bis Ende abgebildet werden.

Digitale Tools erweitern die Möglichkeiten der Planung, ohne auf der Baustelle sein zu müssen.
Quelle: Cottee Parker
Digitale Tools erweitern die Möglichkeiten der Planung, ohne auf der Baustelle sein zu müssen.

Moderne Gebäude effizienter planen

Bereits bei der Planung von Gebäuden zeigen sich die Vorteile von digitalen Tools, die die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern. So ist es beispielsweise bereits in frühen Planungsphasen möglich, verschiedene digitale Modelle auf Kollisionen zu prüfen. Durch Datenkompatibilität im Zuge von Open BIM ist dies ohne großen Aufwand möglich.

Der Einsatz von offenen Planungs- und Datenmanagementlösungen ermöglicht es Projektteams, komplett digital zu planen, die Zusammenarbeit aller Gewerke zu verbessern und wesentlich effizienter zu arbeiten. Dies führt zu erheblichen Kosten- und Materialeinsparungen, einer besseren Projektkontrolle und besseren Ergebnissen für alle Projektbeteiligten. Durch den Einsatz eines digitalen Zwillings ist es möglich, die Dokumentation bereits vor dem ersten Spatenstich zu liefern sowie die Ergebnisse zu kontrollieren. Dadurch wird nicht nur die Qualität der Daten verbessert, sondern es sind auch während des gesamten Projektverlaufs alle Daten vollständig und korrekt verfüg-bar. Bei einem traditionellen, nicht digitalen Ansatz liegt die Dokumentation erst nach Fertigstellung des Gebäudes vor.

Aber nicht nur das Zusammenführen von Plänen wird durch digitale Tools vereinfacht und beschleunigt. Auch die Gebäudeplanung an sich wird durch digitale Planung und künstliche Intelligenz effizienter. So ist es beispielsweise möglich, die komplexe Berechnung zur Heizlast innerhalb weniger Stunden durchzuführen. Ohne digitale Tools werden dafür drei bis vier Arbeitstage benötigt. Dadurch können Planerinnen und Planer mehr Projekte in weniger Zeit bearbeiten, ohne dass die Qualität der einzelnen Projekte darunter leidet. Dies ist angesichts des Fachkräftemangels ein wertvoller Beitrag zur Beschleunigung des Wohnungsbaus.

Mithilfe digitaler Tools kann die Position aller zu verbauenden Elemente exakt geplant und berechnet werden.
Quelle: Nemetschek Group
Mithilfe digitaler Tools kann die Position aller zu verbauenden Elemente exakt geplant und berechnet werden.

Ressourcenschonend bauen

Auch das Thema effizienter Materialeinsatz gehört zu den dringenden Thematiken in der Baubranche. Besonders beliebt, weil schnell und effizient, sind Gebäude in Fertigteilbauweise. Die benötigten Elemente werden in Fabriken gefertigt und anschließend auf der Baustelle zu einem Gebäude zusammengeführt.

Diese Bauweise erfreut sich großer Beliebtheit, da sie die Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit erhöht. Auch die Produktivität auf der Baustelle wird dadurch erheblich gesteigert. Aufgrund der exakten Planung und Optimierung der Materialauswahl kann der entstehende Abfall so um 90 Prozent reduziert und direkt im Werk recycelt werden. Dadurch wird auch der CO2-Ausstoß merklich gesenkt – ein wertvoller Beitrag zu nachhaltigerem Bauen. Um die Fertigbauweise optimal durchführen zu können, sind digitale Planungswerkzeuge eine Grundvoraussetzung.

Gebäude nachhaltig betreiben

Das enorme Potential der Digitalisierung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Planung und den Bauprozess, sondern umfasst auch den Betrieb und die Wartung der Gebäude. Anhand eines laufend aktualisierten digitalen Zwillings lassen sich Stellschrauben für mehr Energieeffizienz ermitteln, die in einem statischen Modell verborgen bleiben.

Im Gebäudebetrieb können KI-basierte Softwarelösungen zur Kalkulation der Energieeffizienz viel zur Nachhaltigkeit beitragen. Denkbar ist es in Zukunft auch, den digitalen Zwilling eines Gebäudes an das Gebäudeautomatisierungssystem zu koppeln. Gegen Ende des Gebäudelebenszyklus – bei einer Sanierung oder gar beim Rückbau – zahlt sich die lückenlose digitale Dokumentation via Open BIM einmal mehr aus. Wenn Transparenz über die verwendeten Rohstoffe herrscht, lässt sich der Rückbau auch viele Jahre später effektiv planen. Damit kann ein Gebäude, das heute abgerissen wird, als Rohstofflieferant für neue Gebäude dienen und der Kreislauf schließt sich.

Auch das Umbauen von Gebäuden, beispielsweise vom Büro- zum Wohngebäude, ist mithilfe digitaler Zwillinge schnell planbar. Gerade der Erhalt von Bestandsgebäuden durch Anpassung an neue Bedürfnisse ist ein wertvoller Beitrag zur CO2-Einsparung im Bausektor, da ein Neubau immer mit mehr Emissionen einhergeht als ein Umbau.

Interoperabilität als Basis

Die einzelnen Bereiche des Gebäudelebenszyklus können für sich betrachtet enorm von den Vorteilen digitaler Tools profitieren. Richtig smart wird es aber erst, wenn alle Bereiche Hand in Hand arbeiten können. Das heißt, dass ein-mal gesammelte Daten in allen weiteren Schritten genutzt werden können. Ansonsten entstehen Daten- und Informationssilos und es entsteht unnötiger Zusatzaufwand durch die Mehrfacherfassung von Daten durch verschiedene Stakeholder.

Zudem sind wichtige Aspekte wie Angaben zu den verwendeten Materialien für die energetische Optimierung ohne detaillierte Dokumentation nach Ende der Bauarbeiten schwer nachvollziehbar. Um einen stringenten Daten- und damit auch Wissenstransfer entlang des gesamten Gebäudelebenszyklus zu gewährleisten, sind offene, interoperable Systeme notwendig.

Viktor Várkonyi Chief Division Officer Planning & Design Division, Nemetschek Group Konrad-Zuse-Platz 1  -81829 München kontakt@nemetschek.com

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